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Wirtschaft: Biotechnologie: Deutschland auf europäischer Ebene führend

Die Gründungsdynamik in der deutschen Biotechnologie-Branche ist ungebrochen. Allein in den letzten beiden Jahren stieg die Zahl der reinen Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland um 100 auf 279.

Die Gründungsdynamik in der deutschen Biotechnologie-Branche ist ungebrochen. Allein in den letzten beiden Jahren stieg die Zahl der reinen Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland um 100 auf 279. Das ist Ergebnis des zweiten deutschen Biotechnologie-Reports (Titel: "Gründerzeit") der Unternehmensberatung Ernst & Young, der am Dienstag im Rahmen der "Biotechnologie-Tage 2000" in Berlin präsentiert wurde. Der erste Report war 1998 erschienen.

Deutschland hat im vergangenen Jahr - gemessen an der Zahl der Biotech-Unternehmen - erstmals Großbritannien überholt und liegt nun an der europäischen Spitze. Nach der Größe und Reife der Unternehmen bestehe gegenüber britischen und französischen Firmen allerdings noch Nachholbedarf, betonte Thilo Rohrhirsch, Mitglied des Ernst & Young Life-Science Teams. Die Unternehmensberatung hatte rund 70 Interviews geführt und mehr als 1200 Unternehmen angeschrieben, rund ein Drittel hatten geantwortet.

Die Wirtschaftskraft der deutschen Biotech-Unternehmen ist laut Ernst & Young noch immer nicht mit derjenigen etablierter Industriezweige zu vergleichen. Der Gesamtumsatz betrug im vergangenen Jahr 517 Millionen Euro, das waren 30 Prozent mehr als 1998. Die meisten Unternehmen schreiben noch Verluste. Das liegt vor allem an den hohen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung, die bis zu 60 Prozent des Umsatzes betragen.

Rohrhirsch betonte, dass die deutschen Biotech-Unternehmen in den nächsten Jahren durch Fusionen und Akquisitionen die erforderliche kritische Masse schaffen müssten, um international konkurrenzfähig zu sein. "In Deutschland muss sehr viel schneller als in den USA eine Konsolidierung erfolgen", sagte der Life-Science-Experte. In den Vereinigten Staaten erreichten nach zwei Jahrzehnten Biotech-Historie immer mehr Unternehmen die Gewinnzone und könnten die Markteintrittbarrieren für die deutschen Unternehmen erhöhen. Die Biotech-Industrie in den USA hat Experten zufolge einen Vorsprung von rund zehn Jahren. In Deutschland setzte die Gründerwelle erst wesentlich später, Mitte der neunziger Jahre, ein. Noch immer wächst hier die Zahl der Beschäftigten in den Firmen schneller als die Zahl der Firmen. Im vergangenen Jahr arbeiteten rund 8000 Menschen in reinen Biotech-Unternehmen, das waren 40 Prozent mehr als 1998.

"Deutschland ist in einer typischen Nachholsituation", sagte Wolf-Michael Catenhusen, Parlamentarischer Staatssekretär im Forschungsministerium, das zu den "Biotechnologie-Tagen" eingeladen hatte. "Wir sind zwar spät dran, aber das Netzwerk ist im internationalen Vergleich besser gestrickt." Die Bundesregierung werde die Entwicklung nachhaltig unterstützen. Allein für die Projektförderung seien die Mittel für 1999 und 2000 um jeweils zehn Prozent auf 250 Millionen Mark aufgestockt worden. Insgesamt werde der Bund im laufenden Jahr rund 1,5 Milliarden Mark in die Biotechnologie investieren. "Was die öffentliche Förderung angeht, sind wir die Nummer eins in Europa", sagte Catenhusen. Um den Gleichschritt mit der Europäischen Union zu halten, sei es jetzt wichtig, international vergleichbare Rahmenbedingungen zu schaffen, betonte Catenhusen - in Anspielung auf die Umsetzung der europäischen Biopatentrichtlinie sowie die anstehende Novellierung des Gentechnikgesetzes.

Wie in den Vorjahren waren auch 1999 die meisten deutschen Biotech-Unternehmen in der Entwicklung und Bereitstellung von Plattformtechnologien und der Auftragsforschung- und Produktion tätig. Am schwächsten vertreten ist der Bereich Umwelt, in dem nicht einmal 20 der 279 Unternehmen aktiv sind. Bei den Forschungsschwerpunkten der produzierenden Unternehmen liegt die Krebstherapie an erster Stelle. In diesem Bereich sind auch mit Abstand die meisten Arzneimittelkandidaten - 40 insgesamt - in der Pipeline.

Die zweitägigen "Biotechnologie-Tage 2000" sind eine Informationsbörse zwischen Experten aus Wissenschaft, Politik und Industrie. In verschiedenen Workshops werden sich die Teilnehmer am heutigen Mittwoch mit aktuellen Themen der Biotechnologie auseinandersetzen.

pet

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