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Wirtschaft: Bis Freitag sollen die Anklagevertreter im Kartellverfahren ihren Strafvorschlag vorlegen

Die Bedrohung für Microsoft wächst. Nach einem Bericht des Wall Street Journal vom Ostermontag, der in den USA kein Feiertag ist, scheint sich unter den staatlichen Anklagevertretern im Kartellfall gegen das Softwarehaus eine Gruppe durchzusetzen, die eine Aufspaltung von Microsoft favorisiert.

Die Bedrohung für Microsoft wächst. Nach einem Bericht des Wall Street Journal vom Ostermontag, der in den USA kein Feiertag ist, scheint sich unter den staatlichen Anklagevertretern im Kartellfall gegen das Softwarehaus eine Gruppe durchzusetzen, die eine Aufspaltung von Microsoft favorisiert. Das Finanzblatt beruft sich dabei auf nicht namentlich genannte Personen, denen der Vorschlag erläutert wurde.

Wörtlich war dabei von "divesture" des Softwarepakets "Office" die Rede, was direkt übersetzt etwa "ausziehen, entblößen oder berauben" bedeutet. In Kombination mit der Bürosoftware von Microsoft würde dies bedeuten, dass die anklagenden Gesetzesvertreter in ihren Strafvorschlag auf eine Abspaltung des Geschäftsbereiches Anwendungssoftware oder zumindest des Softwarepaketes "Office" von Microsoft hinauswollen. Dabei ist auch von einem möglichen zwangsweisen Verkauf die Rede.

Sollte dieser Strafvorschlag, im US-Prozessrecht "remedy" (Heilmittel) genannt, von den Vertretern des US-Justizministeriums und den Generalstaatsanwälten von 19 Bundesstaaten vorgelegt werden, dann bedeutet dies einen möglichen schweren Schlag für den durch die Marktentwicklung der letzten Wochen bereits angeschlagenen Softwareproduzenten.

Das Paket "Office", derzeit in der jüngsten Version "Office 2000" seit dem vergangenen Jahr auf dem Markt, ist das Filetstück des Geschäftsbereiches Bürosoftware und trägt mit einem Anteil von etwa 40 Prozent zum Umsatz und einem erheblichen Teil des Gewinns des größten Softwarehauses der Welt bei. Nach Angaben von Microsoft setzte die "Productivity Applications Group" im vergangenen Quartal 2,59 Milliarden Dollar (Vorjahresquartal: 1,96 Milliarden Dollar) um. Der Umsatz der für die Betriebssysteme zuständigen "Windows Group" lag bei 2,3 Milliarden Dollar (zwei Milliarden Dollar), während die deutlich kleinere "Consumer Group" Produkte im Wert von 756 Millionen Dollar (598 Millionen Dollar) verkaufen konnte.

Gewinn geringer als erwartet

Diese Zahlen gab Microsoft am Gründonnerstag nach Börsenschluss im Rahmen seines Bericht für das dritte Quartal seines Geschäftsjahres 2000 (31. März) bekannt. Dabei lag der Quartalsumsatz bei 5,66 Milliarden Dollar und erreichte damit eine Steigerung von 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal mit 4,6 Milliarden Dollar. Der Gewinn lag bei 2,39 Milliarden Dollar (1,92 Milliarden Dollar) oder 43 Cent (35 Cent) pro Aktie, was einer Steigerung von 24 Prozent entspricht. Damit wurde zwar der von First Call erwartete Gewinn von 41 Cent pro Aktie um zwei Punkte übertroffen, die sogenannte "Flüsterzahl" jedoch nicht erreicht. Diese lag bei 45 Cent pro Aktie. Der Kurs der Microsoftaktie fiel daher im nachbörslichen elektronischen Handel auf 75,75 Dollar, während er bei Börsenschluss noch bei 78,94 Dollar (plus 25 Cent) gelegen hatte. Seit Jahresbeginn hat das bisher begehrte Microsoftpapier 32 Prozent seines Wertes verloren. Die Microsoft-Aktie fiel in den ersten Minuten nach Handelsbeginn um 14,8 Prozent auf 67,25 Dollar.

Nach Berichten in der US-Presse vom Osterwochenende hatten einige Analysten bereits befürchtet, dass die Nachrichten um Microsoft erneut zu einem schlechten Wochenstart in einer bereits angespannten Lage führen könnten. Erst vor drei Wochen hatte die Technologiebörse Nasdaq nach der Bekanntgabe des Schuldspruchs gegen Microsoft durch den US-Bundesrichter Thomas Penfield Jackson innerhalb von zehn Tagen ein Viertel ihres Wertes verloren.

Im dritten Quartal schwächte sich die Nachfrage von Firmenkunden nach Personalcomputern ab, weshalb auch bei Microsoft der Umsatz in diesem Segment zurückging. Dies bestätigte auch Microsofts Finanzchef John Conners in einer Telefonkonferenz. "Die OEM-Umsätze", so Connors, "waren im Berichtsquartal moderat, da sich der Bedarf an Business-PCs weiterhin auf niedrigem Niveau bewegte. Auch für die nächste Zeit sind unsere Erwartungen für diesen Bereich verhalten. Insgesamt zog jedoch die Nachfrage nach PCs vor allem Ende des dritten Quartals mit der Markteinführung von Windows 2000 kräftig an."

Auch die Markforscher von IDC und Dataquest, deren Quartalszahlen in den nächsten Tagen erwartet werden, sehen eine gewisse Schwäche am Firmenmarkt, während im Marktsegment Heim-PC die Nachfrage weiter boomt.

Rudi Kulzer

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