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Wirtschaft: „Bitte auffrischen!“

Was die Kanzlerin auf der Cebit zu sehen bekam

Hannover - Schon wieder lässt ein Franzose die Bundeskanzlerin warten. Kurz nach 9 Uhr steht Angela Merkel auf der Cebit bereit. Ihr Rundgang über die weltgrößte Messe der digitalen Industrie soll heute am Stand des Cebit-Partnerlandes Frankreich beginnen. Der französische Wirtschaftsstaatssekretär kommt zu spät und langweilt sie dann offensichtlich mit seinem Vortrag über die Leistungen der französischen IT-Industrie. Unruhig tritt Merkel von einem Bein aufs andere, verdreht die Augen zur Hallendecke. Sie sieht müde aus. Das machen die dunklen Ringe unter ihren Augen. Auch Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy war tags zuvor zu spät zur Eröffnung gekommen. Beim anschließenden Essen legten Merkel und Sarkozy ihren Streit um die Mittelmeerunion bei. Offenbar war der Abend nach der späten Pressekonferenz noch lange nicht zu Ende.

Merkel drückt aufs Tempo. Mehr als 5800 Aussteller präsentieren sich in diesem Jahr auf der Cebit. 14 wird sie mit ihrem vielköpfigen Tross aus Ministern und Regierungsbeamten besuchen. Am Stand der Bundesregierung kürzt sie den Vortrag über ein neues elektronisches Abfallnachweisverfahren mit den Worten „Ich verstehe, ja, ja, ja“, ab. Und beweist, dass sie das Spiel mit den Medien gelernt hat. Sie zeigt sich neugierig, tritt an den Bildschirm heran. „Bravo“, ruft einer aus der Schar der Kameraleute. Mindestens 50 Medienvertreter sind dabei. „Was gibt es noch, Herr Beus?“, fragt die Bundeskanzlerin ungeduldig ihren neuen IT-Beauftragen. Die Nachricht, dass die neue bundeseinheitliche Behördenrufnummer 115 jetzt im Internet unter www.d115.de vertreten ist, muss sie ihm aus der Nase ziehen. „Das muss man doch alles wissen“, erklärt sie. „Wir wollen doch zur Aufklärung beitragen.“

„Was ist denn neu bei Ihnen“, fragt sie Lutz Pfister, Geschäftsführer vom Funkwerk Dabendorf. Die brandenburgische Firma zeigt Internet fürs Auto. „Da haben Sie auch bei 300 Stundenkilometern noch besten Empfang“, wirbt Pfister. „Das ist ja dann wohl mehr etwas für den ICE“, meint Merkel.

Bei der sächsischen Firma Komsa sitzt ein Mann im weißen Kittel über einem Mikroskop. „Warum repariert der Mensch ein Handy jetzt hier?“, will Merkel etwas unwirsch vom Vorstandschef wissen. Weil Komsa jeden Monat rund 100 000 Mobiltelefone repariert, erklärt der Chef. Die Kanzlerin schaut durchs Mikroskop – zur Freude der Fotografen. Ihr Abschiedsgeschenk von Komsa: ein Räuchermännchen mit Handy.

Dass sie Handys gern und ausgiebig nutzt, dafür ist die Bundeskanzlerin bekannt. Bei Vodafone gibt es eine neue Spielerei: Wer ein Foto an die 4242 schickt, bekommt Informationen über das Abgebildete zurück. Beim Berliner Dom klappt das prima. Dann will Merkel wissen, welche Infos es über sie gibt. Ministerpräsident Christian Wulff fotografiert. Merkel liest die Antwort: „Ihr gesuchtes Motiv befindet sich noch nicht in der Datenbank.“ Dann fordert sie lachend: „Bitte auffrischen!“ Corinna Visser

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