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Wirtschaft: Blair kämpft gegen Lafontainomics

Die sozialistischen Parteien Europas - die jetzt in den meisten europäischen Ländern an der Macht sind - haben sich vergangene Woche in Mailand getroffen, um über ein gemeinsames Grundsatzprogramm für die Europäischen Parlamentswahlen am 13.Juni zu entscheiden.

Die sozialistischen Parteien Europas - die jetzt in den meisten europäischen Ländern an der Macht sind - haben sich vergangene Woche in Mailand getroffen, um über ein gemeinsames Grundsatzprogramm für die Europäischen Parlamentswahlen am 13.Juni zu entscheiden.Naheliegenderweise kamen sie überein, "Arbeitsplätze" zum Kern ihrer Kampagnen zu machen.

Hier hört die Gemeinsamkeit allerdings schon auf.Wenn es darum geht, wie der heilige Gral der niedrigeren Arbeitslosigkeit errungen werden soll, wissen die politischen Führer in Europa nicht weiter.Die Arbeitslosigkeit ist unakzeptabel hoch, das Wachstum niedriger als vorausgesagt und die Möglichkeiten der kreditfinanzierten Staatsausgaben beschränkt (durch den Stabilitätspakt der EWU-Mitglieder).

Zur Wahl stehen vor allem die alternativen Konzepte von Oskar Lafontaine und Tony Blair.Wenn Lafontainomics gegenwärtig in der Debatte dominiert, so liegt es vor allem daran, daß es keines Glaubenswechsels bedarf, um diesem Modell zu folgen.Es entspricht den grundlegenden Instinkten der Sozialistenführer in Europa und der in vielen Wahlregionen tiefverwurzelten Vorliebe für Paternalismus.Lafontainomics bedeutet vor allem, die Arbeit zu schützen, die Unternehmen zu melken und die Wirtschaft von oben zu lenken.Doch Lafontainomics führt in Deutschland zu geringerem Wachstum und sinkender Beschäftigung.Und viele glauben, daß die Wirtschaftspolitik des deutschen Finanzministers etwas mit der stetigen Abwertung des Euro gegenüber anderen bedeutenden Währungen zu tun hat.Blair muß eine Alternative zu Lafontaines Konzept präsentieren, das bei der Mehrheit der politischen Führer in Europa großen Anklang findet.Auf der Konferenz in Mailand warnte er Europas linke Parteien, daß sie ihr kostbares soziales Modell nur retten können, wenn sie es modernisieren.Er brach ein Tabu, als er sagte, sie könnten Schlimmeres tun, als einen Blick über den Atlantik in die USA zu werfen."Wir können nicht bestreiten, daß die Arbeitslosigkeit in den USA geringer und das Wachstum höher ist als bei uns - und es handelt sich dabei nicht nur um geringqualifizierte Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich," sagte Blair.

Die Rede von Blair war ein Fortschritt.Europa zu raten, sich am amerikanischen Erfolg zu orientieren, ist eine Verbesserung gegenüber der Erklärung (die er auf einem anderen Parteitag der Sozialistischen Partei in diesem Jahr machte), daß er "sehr glücklich ist, daß die Sozialdemokraten Themen aufgegriffen haben, die in Europa wichtig sind: Arbeitsplätze, Sicherheit und Lebensqualität".Selbstverständlich hat Europas Linke immer wichtige Themen "aufgegriffen".Und dann haben sie es vermasselt."Arbeit, Arbeit, Arbeit" war ein Slogan, der bei jeder Wahl in der letzten Zeit propagiert wurde.Und das Nachdenken über "Sicherheit" und "Lebensqualität" hat die rigidesten Arbeitsmärkte weltweit geschaffen (man versuche nur, Arbeitskräfte in Italien zu entlassen) und das das teuerste, zur Trägheit anregende Sozialsystem überhaupt kreiert.

Blairs Aufruf zum Wandel war zwar zu schwach, aber zumindest ein frischer Wind.Die europäischen Sozialisten können sich im Wahlkampf um die europäischen Parlamentswahlen im Juni den Anstrich von Gemeinsamkeit geben, indem sie alle die Senkung der Arbeitslosigkeit zur obersten Priorität erklären.Allerdings ist die Schlüsselfrage, wie sie dort hingelangen.Lafontaine schlägt eine Regierungspolitik nach der alten Schule vor.Wenn die alte Schule gewinnt, verliert Europa.Und Blair wird es noch schwerer haben, Großbritannien von der Notwendigkeit des Euros zu überzeugen.

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