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Wirtschaft: Bloß keine Hiobsbotschaften

Paris verschleiert die Probleme

Anders als in Deutschland werden die Franzosen nicht täglich von schlechten Nachrichten aufgescheucht. Weder Medien noch Politiker neigen zur Panik, obwohl die Wirtschaftsdaten kaum besser sind als beim Nachbarn. Es scheint, die Regierung habe finanzielle Sorgen zum Tabuthema erklärt. Eine der ersten Amtshandlungen der Regierung Jean-Pierre Raffarin waren satte Steuergeschenke. Rückwirkend wurde die Einkommensteuer um fünf Prozentpunkte gesenkt, 2003 geht es weiter. Hinzu kommen Zuwendungen für kinderreiche Familien und Geringverdiener. Einziger Wermutstropfen: Raucher zahlen bald höhere Tabaksteuern.

Das alles geht nicht ohne Bluff. In aller Ruhe präsentierte die Regierung einen Haushalt 2003, in dem von einem Wachstum von 2,5 Prozent und einem Defizit von 2,6 Prozent ausgegangen wird – wie 2002. Nicht nur die EU-Kommission, auch viele Analysten halten diese Zahlen für aus der Luft gegriffen. Angesichts hoher Ausgaben für Reformen im Staatsapparat und im Rentensystem, Erhöhungen der Budgets für Verteidigung, Polizei und Justiz, eines Milliardendefizits der Krankenkasse und der überschuldeten Staatsfirma France Télécom halten Experten und Opposition in Frankreich die Zahlen für „geschönt, wenn nicht gefährlich optimistisch“ (Ex-Wirtschaftsminister Laurent Fabius).

Die Franzosen und ihre Regierung lässt solcher Pessimismus ungerührt. Raffarin etwa setzt weiterhin Hoffnung auf die Kauflust seines Volkes, der einzige Faktor, der die Wirtschaft am Laufen hält. Aber auch hier deutet der Trend nach unten. Erstmals seit September 1999 hat der Konsum deutlich nachgelassen. Ebenso deprimierend entwickeln sich die Arbeitslosigkeit (neun Prozent) und die Firmenprognosen. Sabine Heimgärtner, Paris

Sabine Heimgärtner[Paris]

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