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Wirtschaft: Boeing schaut auf Europa

Der US- Flugzeugbauer Boeing will in Europa, insbesondere in Deutschland stärker Fuß fassen, lehnt ein Engagement bei den finanziell angeschlagenen Luftfahrtunternehmen Fairchild Dornier und Cargolifter jedoch ab. "Ein Investment muss sich für Boeing rechnen", sagt Heiner Wilkens, Verkaufschef für Boeing-Flugzeuge in Europa.

Der US- Flugzeugbauer Boeing will in Europa, insbesondere in Deutschland stärker Fuß fassen, lehnt ein Engagement bei den finanziell angeschlagenen Luftfahrtunternehmen Fairchild Dornier und Cargolifter jedoch ab. "Ein Investment muss sich für Boeing rechnen", sagt Heiner Wilkens, Verkaufschef für Boeing-Flugzeuge in Europa. Und das ist nach Ansicht des gebürtigen Hamburgers weder bei den Flugzeugbauern in Bayern noch in Brandenburg der Fall. Noch vor wenigen Wochen hatte Boeing-Chef Phil Condit nicht ausgeschlossen, dass es einen Einstieg bei Fairchild Dornier geben könnte. Jetzt winkt Wilkens ab. Selbst für Entwicklung und Bau der Regionalflugzeuge aus dem neuen Programm 728, die 70 bis 85 Passagieren Platz bieten, können sich die Amerikaner nicht erwärmen. "Die Produktionkosten sind zu hoch".

Seit August vergangenen Jahres arbeitet Wilkens, ehemaliger Chef des Luxemburger Frachtunternehmens Cargolux und zuvor viele Jahre bei Lufthansa, für die Amerikaner in Brüssel. Sein Auftrag: Den Vormarsch von Airbus in Europa stoppen. Die Flugzeuge der Konkurrenz holen mächtig auf. Die Statistiken aus dem Haus EADS (European Aeronautic Defence and Space Company), dem Mutterkonzern von Airbus, lassen für die Europäer mittlerweile einen klaren Vorsprung erkennen. EDAS-Chef Rainer Hertrich spricht von einem Marktanteil von über 50 Prozent - und mehr. Das, sagt Wilkens, sei eine reine Rechenfrage und ist überzeugt: "Es gibt wirtschaftlichere Alternativen zu Airbus". Kunden wie Ryanair haben diese Botschaft offenbar schon verstanden. Erst kürzlich machte der irische Billigflieger mit einer Riesenorder über 100 zweistrahlige Boeing-Flieger vom Typ 737-800 Schlagzeilen. Inwieweit Rabatte hier eine Rolle gespielt haben, wie Äußerungen aus der Airbus-Zentrale vermuten lassen, bleibt eine offene Frage. Für Wilkens ist der Deal allemal eine gute Visitenkarte.

Europa bleibt für Boeing ein Schlüsselmarkt. Vor allem nach dem 11. September, der Boeing einen herben Rückschlag bescherte. Das dem Konzern verordnete Sparprogramm kostet 30 000 Mitarbeiter den Job. 25 000 haben ihn schon verloren. Statt 48 Flugzeuge im Monat wird Boeing vom Juli an nur noch 24 Flieger produzieren.

Von Europa erwartet die Zentrale Entlastung. Für die nächsten 20 Jahre wird auf dem alten Kontinent mit einem Bedarf von knapp 7000 Flugzeugen im Wert von 456 Milliarden Dollar gerechnet. Da zählt, dass die Amerikaner schon heute als Arbeitgeber in Erscheinung treten. "Aufträge im Wert von über 3,5 Milliarden Dollar jährlich sichern in Europa über 100 000 Arbeisplätze", betont Wilkens. Mit 270 Zulieferern arbeiten die Amerikaner zusammen.

Und das Verhältnis zwischen USA und Europa soll noch enger werden. Gezielt haben die Amerikaner den ehemaligen ex-Vize-Außenminister und Botschafter Thomas Pickering in den Vorstand berufen, den Flugzeugverkauf für Europa von Seattle nach Brüssel verlegt, in Madrid ein eigenes Forschungszentrum eingerichtet und fest vor, in Berlin ein Hauptstadt-Büro zu eröffnen. "Europa ist für uns nicht nur ein Verkaufsmarkt", erklärt Wilkens. Gezielt schaut sich Boeing zurzeit nach neuen Partnern um. "Wir sind nicht nur ein Produzent aus dem Nordwesten der USA. Wir verkaufen und produzieren in der ganzen Welt", sagt Wilkens. High-Tech-Firmen sollen es sein, die am geplanten Sonic Cruiser, dem superschnellen Flugzeug von Boeing mitarbeiten sollen. Der Sonic Cruiser, der fast Schallgeschwindigkeit erreicht, soll 2008 abheben. Mit dem Flugzeug für 250 Passagiere will Boeing den jüngsten Vorsprung von Airbus wieder wettmachen. Der Sonic Cruiser ist die Antwort der Amerikaner auf das geplante Großraumflugzeug von Airbus, das über 500 - je nach Version sogar bis zu 1000 - Passagieren Platz bietet. Die Amerikaner sind davon überzeugt, dass der superschnelle Flieger den Wünschen der Kunden näher kommt: "Nonstopflüge sind die Zukunft", sagt Wilkens. Anfang der 90er Jahre hatten Airbus und Boeing noch gemeinsame Pläne für einen Großraumflieger. Doch US-Marktstudien ergaben, dass der Bedarf der Riesenflieger in 20 Jahren 335 Exemplare nicht übersteigt. Airbus-Berechnungen gehen vom dreifachen Bedarf aus. Wilkens: "Da ist der Wunsch Vater des Gedankens".

mo

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