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Wirtschaft: Börsen wetten auf die Konjunktur-Wende

ZEW-Konjunkturindikator steigt zum achten Mal in Folge / Dax verteidigt Marke von 3500 Punkten

Berlin (brö/hop). Die Hoffnungen auf einen leichten Aufschwung für die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr mehren sich. Der Konjunkturindex des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim legte im August den achten Monat in Folge zu. Wirtschaftsexperten warnten jedoch davor, die Zahlen zu hoch zu bewerten, da die realwirtschaftlichen Daten nach wie vor schlecht seien. Auch eine Erholung der USWirtschaft steht nach dürftigen Konjunkturdaten vom Dienstag wieder in Frage. Der Dax schloss knapp über 3500 Punkten.

Der Wert der Konjunkturerwartungen für die kommenden sechs Monate, den das ZEW allmonatlich in einer Umfrage unter 310 Finanzmarkt-Fachleuten ermittelt, legte von 41,9 Punkten im Juli auf nun 52,5 Punkte zu. Analysten hatten ein weniger starkes Plus erwartet. „Der Optimismus der Finanzanalysten bleibt ungebrochenen“, sagte ZEW-Präsident Wolfgang Franz. Dies sei wahrscheinlich ein Vertrauensvorschuss auf die erhoffte Konjunkturerholung im nächsten Jahr.

Auch deshalb setzte sich die Erholung an den Börsen am Dienstag zunächst fort. Die zurückhaltende Stimmung der US-Verbraucher versetzte dem Deutschen Aktienindex Dax dann aber einen Dämpfer. Der Index der Universität Michigan war am Dienstag leicht zurückgegangen – Fachleute hatten indes mit einem Plus gerechnet. Er gilt als wichtiger Indikator, weil die Verbraucher mit ihrem Konsum für zwei Drittel der US-Wirtschaftsleistung stehen. Zum Börsenschluss konnte der Dax die Widerstandslinie von 3500 Punkten aber wieder überwinden.

Den Charttechnikern zufolge haben die Leitbörse Dow Jones sowie die meisten europäischen Börsen einschließlich des Dax ihre seitwärts gerichteten Konsolidierungszonen nun nach oben verlassen. Dies gebe Spielraum für weitere Kurssteigerungen. Für den Dax werden 3600 Punkte als nächstes Ziel angegeben.

Seit 2001 befindet sich die deutsche Wirtschaft in einer Schwächephase. Die Summe aller produzierten Güter und Dienstleistungen, also das Bruttoinlandsprodukt (BIP), stagniert seit drei Jahren nahezu. In den ersten beiden Quartalen war das BIP sogar leicht um jeweils 0,1 Prozent zurückgegangen – damit steckt Deutschland in einer Rezession.

Grund für den nun gestiegenen Optimismus dürfte die Belebung der amerikanischen Wirtschaft sein, sagte ZEW-Chef Franz. Auch die positiven Auftragseingänge für das verarbeitende Gewerbe im Juni sowie der Höhenflug der wichtigen Börsen hätten eine Rolle gespielt, vermutete er.

Wirtschaftsforscher warnten jedoch davor, den ZEW-Indikator zu überschätzen. „Die aktuelle Lage der deutschen Wirtschaft ist unverändert schlecht. Mit einer Aufhellung des Konjunkturklimas und der realwirtschaftlich wichtigen Daten ist erst frühestens Anfang des kommenden Jahres zu rechnen“, sagte Gustav Horn, Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, dem Tagesspiegel. Nach den ersten beiden Quartalen sehe es für die Wirtschaft auch zwischen Anfang Juli und Ende September „nicht besonders gut aus“, warnte Horn – sie werde erneut auf der Stelle treten, prognostizierte er. Auch die Bundesbank hatte in ihrem Konjunkturbericht am Montag davor gewarnt, für einen nahenden Aufschwung gebe es noch keine verlässlichen Signale.

Gerd Haßel, Chefvolkswirt der ING BHF-Bank in Frankfurt (Main), sagte, einen verlässlichen Ausblick auf einen Aufschwung gebe es erst, wenn sich der Ifo-Geschäftsklima-Index stabilisiere. Dieser Frühindikator des Münchener Ifo-Instituts, der für die vergangenen drei Monate jeweils eine Aufhellung der Stimmung in den Unternehmen signalisiert hatte, wird zum nächsten Mal am kommenden Dienstag bekannt gegeben.

Eine Gefahr für die leichte Konjunkturbesserung sei zudem die Politik von Bundesregierung und Opposition, mahnte Haßel. Rentner, Pendler oder Krankenkassenversicherte würden derzeit stark verunsichert, weil die entsprechenden Reformen noch in der Schwebe seien. „Erst wenn sich ein klares Bild abzeichnet, werden die betroffenen Leute wieder einkaufen gehen“, sagte er.

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