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Wirtschaft: Bonusprogramme der Kassen oft nur ein Werbegag

Stiftung Warentest: Große Beitragsunterschiede bei gesetzlichen Krankenkassen, Selbstbehalttarife sind nicht zu empfehlen

Berlin - Gesetzlich Krankenversicherte können durch einen Wechsel bis zu 35 Euro im Monat sparen – und das bei weitgehend gleichen Leistungen. Die Stiftung Warentest hat zum ersten Mal nach Inkrafttreten der Gesundheitsreform 144 gesetzliche Krankenkassen getestet und rät den Versicherten genau hinzuschauen. „Auf sinkende Beitragssätze warten die meisten Mitglieder bislang vergeblich“, sagte Werner Brinkmann, Vorstand der Stiftung, bei der Vorstellung der Studie am Dienstag in Berlin. Die Unterschiede bei den Beitragssätzen seien nach wie vor groß (siehe Grafik). Die neu aufgelegten Bonusprogramme als Belohnung etwa für den regelmäßigen Besuch für Vorsorgemaßnahmen seien oft nur Werbegags. Teilweise könnten sie sogar teuer werden, sagte Brinkmann.

Ziel der Gesundheitsreform war es, den durchschnittlichen Beitragssatz der gesetzlichen Kassen von 14,3 Prozent auf 13,6 Prozent zu senken. Billiger geworden sind bisher allerdings nur wenige Kassen. Eine Reihe von Betriebskrankenkassen haben ihre Beiträge in den vergangenen Monaten sogar erhöht.

Die Sätze der bundesweit geöffneten Krankenkassen reichen nach der Erhebung der Stiftung Warentest etwa von 12,9 Prozent bei der BKK ATU bis zu 14,9 Prozent – so viel nimmt unter anderem die Metro Kaufhof BKK. Ein Angestellter mit einem Bruttoeinkommen von 3487,50 Euro – der Beitragsbemessungsgrenze, ab der auch ein Wechsel in die private Krankenversicherung möglich ist – würde bei einem Wechsel von der teuersten zur günstigsten Kasse jeden Monat 35 Euro sparen und sein Arbeitgeber noch einmal den gleichen Betrag. Noch größere Unterschiede gibt es, wenn Krankenkassen berücksichtigt werden, die nur in bestimmten Regionen tätig sind.

Stiftungsvorstand Brinkmann wies darauf hin, dass ein Wechsel zwischen gesetzlichen Kassen in der Regel bedenkenlos erfolgen kann. Der Großteil der Leistungen ist schließlich rechtlich festgelegt. Allerdings „sollten sich zum Beispiel chronisch Kranke oder Menschen mit erhöhtem Krankheitsrisiko nicht nur am Beitragssatz orientieren“, sagte Brinkmann. „Man muss auf die Einzelheiten achten.“ Denn die Kassen bieten über die gesetzlichen Pflichten hinaus Zusatzleistungen – etwa bei ambulanten Kuren oder der häuslichen Krankenpflege – und erproben in Modellprojekten neue Verfahren.

Mittlerweile versuchen 80 Prozent der von Warentest untersuchten gesetzlichen Kassen, ihre Versicherten mit Bonusprogrammen an sich zu binden und zu gesünderem Leben zu animieren. Der Besuch von Vorsorgeuntersuchungen, regelmäßiges Impfen oder die Teilnahme an Ernährungskursen werden mit Bonuspunkten belohnt. Beim Einlösen reiche das Angebot von Geldprämien über Massagegeräte bis hin zu einem Anti-Schnarchmittel. Einige seien aber keine wirklichen Bonusprogramme, sagte Brinkmann. Bei 15 der 17 Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) könnten die Mitglieder nur jeweils Boni sammeln, wenn sie sich gleichzeitig für eine Eigenbeteiligung an der Krankenbehandlung entscheiden. „Wer gesund bleibt, kann damit Geld sparen“, sagte Brinkmann. „Wer öfter zum Arzt muss und Medikamente benötigt, zahlt unter Umständen sogar drauf.“ Und zwar bis zu 150 Euro.

Ebenfalls teuer können die Selbstbehalttarife sein, die im Zuge der Gesundheitsreform freiwillig Versicherten von mittlerweile 60 Prozent der Kassen angeboten werden. Dabei übernehmen die Versicherten die Behandlungskosten bis zu einer bestimmten Höhe selbst. Vorsorgeuntersuchungen sind in der Regel frei. „Doch selbst Gesunde, die selten zum Arzt müssen, sollten diese Tarife nicht wählen“, sagte Brinkmann. Sie müssten sich zusammen mit dem Tarif auch für das so genannte Kostenerstattungsverfahren entscheiden. Danach bezahlt der Versicherte zunächst die Arztrechnung und reicht sie dann bei der Kasse ein. Die Kosten würden aber nie voll erstattet – sondern nur unter bestimmten Abzügen wie zum Beispiel Verwaltungskosten. „Wir raten vom Abschluss dieser Tarife ab.“

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