zum Hauptinhalt
Jäger und Sammler. Im Film „Up in the Air“ will der Vielflieger Ryan Bingham (George Clooney) zehn Millionen Bonusmeilen erreichen.

© dapd

Bonusprogramme: Die Meilen-Inflation bei Lufthansa

Lufthansa gewinnt einen Prozess um ihr Bonussystem. Sammler müssen eine Abwertung hinnehmen.

Zehn Millionen Meilen waren Ryan Binghams Ziel. Dafür sammelte der berufliche Vielflieger, gespielt von George Clooney in der Hollywood-Komödie „Up in the Air“, wie besessen. Auf einem Flug von Chicago nach Omaha erreichte er sein Meilen-Ziel, es gab Champagner, einen Besuch vom Piloten und eine metallene Vielfliegerkarte mit Gravur, die nur eine Handvoll Menschen auf der Welt besitzen. Lufthansa-Vielflieger Tobias Eggendorfer muss sich seinen Champagner selbst kaufen. Der Hamburger IT-Professor unterlag am Dienstag der Airline im Streit um eine Abwertung seiner rund 900 000 gesammelten Bonusmeilen – das Oberlandesgericht Köln wies die Klage des Vielfliegers ab.

Eggendorfer, der beruflich viel reist, von Australien über die USA bis nach Thailand, nutzte seine Meilen für Rabatte bei neuen Flügen. Doch weil die Lufthansa Anfang 2011 die Bedingungen für das Bonusprogramm Miles & More veränderte, musste der 36-Jährige plötzlich 15 bis 20 Prozent mehr Meilen für Erste-Klasse- und Business-Class-Flüge eintauschen. Seine gesammelten Meilen waren schlagartig weniger wert.

Weil er dies für rechtswidrig hielt, schrieb Eggendorfer an den Lufthansa-Chef Christoph Franz, startete einen Blog und klagte schließlich gegen die Lufthansa. In erster Instanz gab ihm das Landgericht Köln im März vergangenen Jahres recht, auch weil die Lufthansa die Umstellung der Bedingungen des Vielfliegerprogramms mit nur vier Wochen Vorlauf bekannt gegeben hatte. Es hätten im Fall von Eggendorfer mindestens vier Monate sein müssen, zumal das System zuvor sechs Jahre unverändert geblieben sei, meinten die Richter. So habe der Kunde auch keine Änderung erwartet.

Das Oberlandesgericht, das auf die Berufung der Lufthansa hin aktiv geworden war, entschied am Dienstag gegenteilig. Mit seinen 900 000 Meilen sei Eggendorfer kein „durchschnittlicher Teilnehmer am Miles & More Programm“, erklärten die Richter. Ein solcher Teilnehmer, der über maximal 12 000 Meilen verfüge, werde „durch die vorgenommene Änderung nicht wider Treu und Glauben benachteiligt“. Auch den Zeitraum des Inkrafttretens nach der Bekanntgabe hält das Oberlandesgericht, anders als die Vorinstanz, nicht für zu kurz. Für eine Anpassung der Prämienpreise sei „kein besonderes Bekanntgabeverfahren einzuhalten“, zudem handele es sich nicht um „sogenanntes E-Geld“, hieß es in der Pressemittelung des Gerichts.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, das Oberlandesgericht Köln ließ eine Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zu, die Eggendorfer wohl wahrnehmen will. Er werde „aller Voraussicht nach“ tatsächlich vor die höchste Instanz ziehen, erklärte er gegenüber der dpa. Die Lufthansa zeigte sich erfreut über das Urteil. „Wir sehen uns in unserer Rechtsauffassung bestätigt“, sagte Konzernsprecher Andreas Bartels. Das weitere Vorgehen in der Sache werde man von der Prüfung der schriftlichen Urteilsbegründung abhängig machen, die voraussichtlich in den nächsten Tagen vorliegen werde. Allerdings stellt sich die Airline schon auf eine weitere Verhandlung vor dem BGH ein. Dem Konzern sei es „an Rechtssicherheit gelegen“, um ein solches Kundenbindungsprogramm mit 23 Millionen Teilnehmern vernünftig führen zu können, sagte Bartels. Zudem ist Eggendorfer nicht der Einzige: Gegen den Konzern laufen „einige Dutzend weitere in der Sache gleich gelagerte Klagen“, erklärte er.

Verbraucherschützer raten Kunden ihre Bonusmeilen zügig einzulösen, auf jeden Fall aber die Konditionen regelmäßig zu prüfen. „Bonusmeilen sind kein Bargeld, Unternehmen können deren Wert frei bestimmen“, sagt der Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, Christian Gollner.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false