zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Börsenfieber: Der Heisssporn: Ein Sonnenstrahl macht noch keinen Sommer

Das haben sich einige Dot.com-Vorstände nett ausgedacht: Sie haben sich kreativ ans Werk gemacht und ihren Laden bunt geschminkt, um ihn für neue Aktionäre attraktiv zu machen.

Das haben sich einige Dot.com-Vorstände nett ausgedacht: Sie haben sich kreativ ans Werk gemacht und ihren Laden bunt geschminkt, um ihn für neue Aktionäre attraktiv zu machen. Gesellschaften, die noch vor ein paar Monaten für mehrere hundert Millionen im Graumarkt oder an der Börse gehandelt wurden, sind heute für ein Butterbrot zu kaufen. EM.TV, Gigabel, Intershop, Letsbuyit.com - wenn Sie diese Namen heute hören, zieht sich wahrscheinlich Ihr Magen zusammen. Erinnern Sie sich: Schon vor Wochen galt die Warnung, dass wir sehr bald Vorstände auf dem freien Arbeitsmarkt wiederfinden werden.

Als Daytrader oder Swing-Trader sind Sie in diesen Zeiten besser aufgehoben, als die Langfrist-Dilettanten, die ohne Stopp und ohne Wenn und Aber handeln. Dieser Mittwoch hat eindrucksvoll gezeigt, welche Risiken der Markt birgt. Wenn Sie glauben, da hätten alle klasse verdient, täuschen Sie sich. Die Märkte kletterten so schnell nach oben, dass der, der nach der Zinssenkung in den USA noch schnell einsteigen wollte, seine Order höchstwahrscheinlich erst zu Tageshöchstkursen unterbringen konnte. Und denen, die auf fallende Kurse spekulierten, wurde schmerzhaft bewiesen, dass die Börse in die eine oder andere Richtung keine Einbahnstrasse ist.

Mit deutlichen Tagesverlusten musste vernünftiger Weise geschlossen werden, da der Markt Anzeichen machte, am nächsten Tag weiter zu steigen. Eine Stunde vor der Zinsentscheidung saß ich in einem Meeting mit einer Beteiligungsgesellschaft, die mehrere vorbörsliche Unternehmen betreut. Zu Beginn der Sitzung war das große Jammern angesagt, dass die reinen Internetunternehmen, die sich auf Banner-Werbung spezialisiert haben, kurz vor dem Ruin stehen. Und dass sogar - was ich für bedauernswert halte - substanziell gute Unternehmen sich in ihrer Bewertung geviertelt haben.

Leider neigt der deutsche Anleger dazu, alles in einen Topf zu werfen und das, was er einmal gekauft oder übernommen hat, bis zum bitteren Ende zu behalten. Erst wenn der Markt wieder Chancen hat zu drehen, wird leider verkauft. Eindrucksvoll war das am Montag, Dienstag und Mittwoch Vormittag am Neuen Markt zu beobachten. Schnäppchenjäger kauften sich so günstig von guten Unternehmen Aktien. Was einer verkauft, muss ja ein anderer kaufen. Am Mittwoch bedauerten sicher einige Aktionäre, dass sie mal wieder zum falschen Zeitpunkt verkauft oder gekauft haben.

Auch das Selbstbewusstsein der Vorstände der Beteiligungsgesellschaft wuchs plötzlich wieder, als im Meeting mein Handy klingelte, und mir mitgeteilt wurde, dass in den USA die Zinsen gesenkt werden, die Nasdaq soeben über 15 Prozent gestiegen und der Neue Markt ins Plus gedreht war. Sofort war die Hoffnung wieder da: Vielleicht ist ja doch alles nicht so schlimm ...

Ich hoffe, Sie haben in den letzten Wochen und Monaten gelernt, dass ein Sonnenstrahl noch keinen Sommer ausmacht. Es gibt aber an der Börse immer gute Gesellschaften, bei denen es sich rentiert, zu investieren, und die den Zinssatz des Sparbuches, oder die Rendite vieler Fonds schlagen. Die nächsten Tage werden die Richtung weisen: Bleiben wir weiter in einer Schaukelbörse oder sind die erstenlängerfristige Trends sichtbar. Lassen Sie sich nicht die Freude und den Spass am Handel nehmen!

Andreas Kosina

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false