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Wirtschaft: Brüssel fordert Verkauf der Bankgesellschaft

Überlebensfähigkeit ohne privaten Investor zweifelhaft/Ohne Kapitalerhöhung geht es nicht

Berlin/Brüssel (dr/msb). Die EUKommission in Brüssel ist alarmiert von Meldungen, wonach der Berliner Senat sich am heutigen Dienstag gegen einen Verkauf der Bankgesellschaft Berlin entscheiden könnte. „Unser Stand ist, dass ein Privatinvestor den Zuschlag erhält“, hieß es am Montag in Brüssel. Über den Verkauf der Bankgesellschaft, die zu 81 Prozent dem Land Berlin gehört, wird bereits seit eineinhalb Jahren verhandelt.

Ein Verkauf der Bank an einen privaten Investor wäre „ein starkes Indiz“ dafür, dass der Konzern überlebensfähig sei und in den kommenden zehn Jahren keine weiteren Beihilfen mehr benötige, sagte ein Sprecher von Wettbewerbskommissar Mario Monti. „Wenn es einen Investor gibt, ist die Beweisführung für eine langfristige Überlebensfähigkeit offensichtlich.“ Sollte er ausfallen, müsse die EU entsprechende Expertisen und Gutachten anfordern, um die Rechtmäßigkeit der bereits gewährten milliardenschweren Beihilfen des Landes Berlin zu prüfen. Offenbar bewertet man die Ankündigung der BGB Capital Partners, also der der Gruppe um die beiden US-Investoren Christopher Flowers und David Bonderman, im Falle eines Zuschlags bei der Bankgesellschaft eine Kapitalerhöhung (siehe Lexikon Seite 18) um 500 Millionen Euro vorzunehmen, sehr hoch. Wird der Verkauf blockiert ist es sehr zweifelhaft, ob das Land Berlin in der Lage ist, das Kapital der Bank zu erhöhen. Die Industrie- und Handelskammer zu Berlin (IHK) sagt es deutlich: „Der Kaufinteressent ist bereit, und in der Lage, die Bankgesellschaft mit zusätzlichem Kapital auszustatten. Der gegenwärtige Eigentümer, das Land Berlin, ist dazu nicht in der Lage.“

Eine Kapitalerhöhung, da sind sich alle Beobachter einig, wird die Bank in absehbarer Zeit brauchen. Bei ihrem gegenwärtigen Eigenkapital könne sich der Konzern Verluste von insgesamt etwa 1 bis 1,5 Milliarden Euro leisten, haben die Grünen errechnet. Ein Großteil dieser Reserven dürfte bereits 2002 aufgebraucht worden sein. Zwar hatte der Vorstandsvorsitzende der Bankgesellschaft Hans-Jörg Vetter angekündigt, den Betriebsverlust nach Risikovorsorge von 634 Millionen Euro im Jahr 2001 in 2002 zu halbieren. Die Zweifel, ob dies gelingt, werden aber immer lauter. Die Grünen fürchten einen Verlust von mindestens 200 Millionen Euro für das vergangene Jahr. Die Risikovorsorge erreichte allein in den ersten drei Quartalen 590 Millionen Euro. Die Bankgesellschaft selbst hat immer noch keine Bilanz für das Jahr 2002 vorgelegt. Wann Zahlen veröffentlicht werden, lässt der Vorstand offen. Aus Aufsichtsratskreisen ist zu hören, dass Ende März ins Auge gefasst sei.

Aber nicht nur die hohen Risiken belasten den Konzern. Im Jahr 2005 laufen staatliche Garantien – die so genannte Anstaltslast und Gewährsträgerhaftung – für die Landesbank Berlin aus. Die Bonität der Landesbank dürfte dann sinken, die Geldbeschaffung entsprechend teurer werden. Über die Landesbank aber beschaffte sich die Bankgesellschaft in der Vergangenheit einen Großteil ihrer Liquidität. Ein Ausgleich wäre nur über frisches Kapital für die Landesbank möglich.

Noch gilt allerdings die offizielle Stellungnahme der Finanzverwaltung unter Senator Thilo Sarrazin (SPD). Danach wird die Bankgesellschaft verkauft. Doch sogar bei der eigenen Fraktion scheint man sich der Sache nicht mehr so sicher zu sein. Vorsichtshalber will man am Tag vor der Entscheidung keine Stellungnahme abgeben. Schließlich stellen wir den Regierenden Bürgermeister und den Finanzsenator, heißt es in Kreisen. Und: „Es gibt ja manchmal Überraschungen noch in letzter Sekunde“. Auf jeden Fall rechnet die SPD-Fraktion mit einer Entscheidung.

Darauf aber setzen andere Interessenten, wie Lone Star oder die NordLB, die rund elf Prozent an der Bankgesellschaft hält und die zusammen mit den Sparkassen auftritt. Allen gemeinsam ist: Sie haben bisher kein konkretes Angebot vorgelegt.

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