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Lernzeit. Wer einen Fachwirt macht, sollte fünf bis zehn Stunden pro Woche einplanen, um Zeit für die Bücher zu haben. Noch besser ist ein freier Tag, um in Ruhe pauken zu können. Foto: dpa

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Wirtschaft: Büffeln für den Aufstieg

Ein Abschluss als Fachwirt befördert die Karriere. Aber nur wenige kennen diese Möglichkeit.

Vor allem das erste Jahr musste er sich durchbeißen. Wirtschaftsrecht, Steuern, Buchhaltung – auf dem Stundenplan stand trockener Stoff. Mit viel Fleiß und starkem Willen schaffte Björn Loeckel die erste Hürde seiner Weiterbildung zum Veranstaltungsfachwirt jedoch ohne Probleme. Im zweiten Teil ging es etwa darum, wie man eine Veranstaltung organisiert und dafür Werbung macht. Hier habe sich die Liebe zum Detail ausgezahlt, so der 43-Jährige, um sich das gesamte Hintergrundwissen anzueignen.

„Wer eine Fortbildung zum Fachwirt macht, muss es wirklich wollen. Sonst scheitert man“, sagt der heutige Geschäftsführer der Forum Factory, einer Veranstaltungslocation in Berlin Mitte, rückblickend. Für ihn war es wichtig, sich ein umfassendes wirtschaftliches Verständnis im Veranstaltungsgeschäft anzueignen. Mit seiner Erstausbildung zum Veranstaltungskaufmann habe er vor allem praktisches Know-how erlangt.

Das Prinzip des Fachwirts hat Loeckel damit erfüllt. Als Aufstiegsqualifikation für kaufmännische Ausbildungsberufe steht er für ein vertiefendes theoretisches Wissen und damit die Kompetenz, Führungsaufgaben in kleinen und mittleren Betrieben zu übernehmen. Mittlerweile gibt es mehr als 30 verschiedene Fachrichtungen wie den Bank-, Immobilien- Handels- oder Tourismusfachwirt. Die entsprechenden Prüfungen finden vor der Industrie- und Handelskammer statt. In Berlin nahmen im vergangenen Jahr 775 Menschen an einer Prüfung zum Fachwirt und Fachkaufmann teil – weil Fachkaufleute und Fachwirte nach IHK-Aufstiegssystem auf einer Stufe stehen, werden sie in der IHK-Statistik zusammengefasst.

Für die Prüfungsanmeldung müssen allerdings einige Bedingungen erfüllt sein. Die sind je nach Fachwirt verschieden. So sollten Prüflinge eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen, der Fachwirt wird dann passend zur Branche gewählt. Zudem wird vor der Prüfung im Schnitt eine ein- bis zweijährige Berufspraxis verlangt. Die beträgt etwa beim Immobilienfachwirt mit kaufmännischer Erstausbildung in der Immobilienwirtschaft mindestens ein Jahr, beim Handelsfachwirt mit Verkäuferausbildung zwei Jahre.

Doch auch wer keine Erstausbildung mitbringt, kann sich zur Prüfung anmelden. Hierfür sind je nach Fachwirt im Schnitt fünf Jahre Berufspraxis nötig. „Jeder sollte am Anfang mit seiner zuständigen IHK abklären, ob die Zulassungskriterien erfüllt sind“, rät Georg Löffler, Geschäftsführer der Business Akademie für Medien, Event und Kultur. Erst danach sollte man sich nach einem passenden Weiterbildungsanbieter umschauen.

Einzelne Einrichtungen bieten immer nur eine Auswahl an Fachwirten an, auch die Lernmodelle sind zum Teil verschieden. Gängig ist zum einen die berufsbegleitende Variante mit ein bis zwei Präsenzterminen in der Woche, teilweise kombiniert mit Onlineseminaren. Damit dauert die Weiterbildung insgesamt rund eineinhalb Jahre. Oder man absolviert einen Vollzeitkurs etwa mit 40 Stunden pro Woche über drei Monate. Die Kosten liegen im Schnitt zwischen 2000 und 4000 Euro, finanzielle Unterstützung gibt es in erster Linie über das Meisterbafög (siehe Kasten).

Als Lernzeit sollten sich Teilnehmer aber immer mehr als nur die Unterrichtsstunden einplanen. Fünf bis zehn Stunden pro Woche empfiehlt Elisabeth Busche vom Forum Berufsbildung, einem freien und gemeinnützigen Bildungsträger in Berlin, zusätzlich zum Lernen. Hilfreich sei es, sich einen Tag nur fürs Lernen freizuschaufeln oder Arbeitszeiten so zu legen, dass abends noch ein paar Stunden zum Büffeln bleiben, so Busche.

„Die Weiterbildung zum Fachwirt ist ein unheimlicher Aufwand“, weiß auch Heidrun Kruse. Die 49-Jährige ist Mentorin für die Studierenden im Fach Rechts- und Notarfachwirt an der Beuth Hochschule für Technik Berlin und hat selbst beide Fortbildungen abgeschlossen. Diese seien nicht mit einer normalen Ausbildung zu vergleichen, denn hier sei vielmehr das Engagement der Teilnehmer gefragt. Auf eine gute Selbstorganisation und Motivation komme es besonders an.

Wolf Schulenburg kann das bestätigen. Der 35-Jährige steckt momentan in der Weiterbildung zum Rechtsfachwirt an der Beuth Hochschule. Den Abschluss als Notarfachwirt hat er schon. Dank des Aufwands verfüge man am Ende über ein geballtes Fachwissen, sagt er. Darum sei eine Weiterbildung zum Fachwirt eine gute Möglichkeit, mehr Anerkennung und Verantwortung im Beruf zu bekommen. „In meinem Fall hat mir schon der Notarfachwirt geholfen, von meinen Arbeitgebern mehr Aufgaben zur selbstständigen Bearbeitung übertragen zu bekommen.“

Allerdings weiß er von manchen Kollegen in seiner Position auch, dass sie diese Anerkennung erst einfordern mussten. „Der Rechts- und Notarfachwirt ist in der Branche noch nicht sehr bekannt, so dass Anwälte und Notare zum Teil nicht wissen, welche Qualifikationen damit verbunden sind und welchen Wert ihre Angestellten dadurch haben.“ Björn Loeckel hat für seine Branche ähnliche Beobachtungen gemacht, auch der Veranstaltungsfachwirt sei noch wenig bekannt. „Auf dem Markt wird bislang kaum gezielt nach dieser Qualifikation gefragt, sie ist noch zu unbekannt“, so der 43-Jährige. In einem Bewerbungsprozess hätte der Abschluss aber gegenüber einer einfachen kaufmännischen Ausbildung Vorteile.

Bei der IHK Berlin heiß es: „Der Fachwirt als solcher ist in Deutschland sehr anerkannt“, sagt Geschäftsführer der Aus- und Weiterbildung Thilo Pahl. Die positive Entwicklung bei der Zahl der Prüfungen und Lehrgänge verdeutliche das hohe Ansehen bei den Unternehmen. Zudem gehe man davon aus, dass der Fachwirt auch international die Chance auf einen Job unterstütze. Seit rund zwei Jahren verwenden die IHKs die Übersetzung „Bachelor Professional“. Der Zusatz „Professional“ soll die Abgrenzung zum akademischen Bachelorabschluss verdeutlichen.

Der Fachwirt ist dem Bachelorstudium zwar gleichwertig, aber nicht gleichartig. „Der Fachwirt gibt also keinerlei rechtliche Ansprüche auf eine Zulassung zu Hochschulstudiengängen“, sagt Pahl. Vielen war das aber nicht klar, als die Bundesregierung Anfang Februar diesen Jahres verkündete, beide Abschlüsse seien von nun an gleichgestellt.

Lara Sogorski

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