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Wirtschaft: Bund einigt sich mit Toll Collect über die Lkw-Maut

Nach der Kündigung: Industrie akzeptiert Vertragsstrafe bis zu maximal einer Milliarde Euro – Zweistufiger Zeitplan bleibt bestehen

Berlin (fo). Die Bundesregierung nimmt die Kündigung des MautVertrages mit Toll Collect zurück. Das gaben Kanzler Gerhard Schröder (SPD), Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke und der Vorstandsvorsitzende von Daimler-Chrysler, Jürgen Schrempp, am Sonntagabend in Berlin bekannt. Vereinbart wurden höhere Vertragsstrafen und Haftungssummen. Außerdem wird der Münchener Elektrokonzern Siemens die Entwicklung eines neuen Bordcomputers für Lastwagen übernehmen.

Vorausgegangen waren Verhandlungen auf Fachebene in Berlin. Erst am späten Abend wurden die Spitzen aus Regierung und Industrie eingeschaltet. Mit der Einigung unternimmt die Regierung zwei Wochen nach der Kündigung des Maut-Vertrages erneut einen Versuch, die Lkw-Maut auf deutschen Autobahnen mit dem satelliten-gestützten System von Toll Collect einzutreiben. Die Vereinbarungen im Einzelnen: Bei dem bislang schon angebotenen zweistufigen Aufbau des Systems ab Anfang 2005 beziehungsweise 2006 soll es bleiben. Pro Monat zahlt das Konsortium 40 Millionen Euro Verspätungsstrafe, die sich in acht Monaten auf 80 Millionen Euro in gleichbleibenden Schritten steigert – maximal also 780 Millionen Euro für das Jahr 2005 wenn auch der neue Termin nicht gehalten werden kann.

Nach der offiziellen Inbetriebnahme des Systems greift die Haftung. Pro Monat fallen dann bei Versagen rund 83 Millionen Euro an, maximal eine Milliarde Euro im Jahr 2005. Danach, sagte Kanzler Schröder am Abend, gelte die unbegrenzte Haftung des Konsortiums wie beim alten Mautvertrag.

Vereinbart ist weiterhin die Lieferung von 500 000 Lkw-Bordcomputern für die erste Version, die den Neubau von Straßen nicht berücksichtigen kann. Siemens wird den Angaben zufolge jetzt die zweite Version, die ab dem Jahr 2006 zum Einsatz kommen soll, federführend entwickeln, sagte Telekom-Chef Ricke. Die Deutsche Telekom wird auch die technische Führung bei Toll Collect übernehmen. Um dies zu unterstreichen, wird unter anderem der für die Konzernsparte T-Systems verantwortliche Vorstand Konrad Reis den Aufsichtsratsvorsitz bei Toll Collect übernehmen. Peter Mihatsch, der diesen Job erst im Dezember übernommen hatte, bleibt Mitglied des Gremiums, hieß es am Sonntag weiter.

Bislang hatte das Konsortium maximal 800 Millionen Euro Haftung pro Jahr angeboten. Die Vertragsstrafe ab März beträgt lediglich fünf Millionen Euro pro Monat.

Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp hatte zuletzt Druck gemacht. Auf der Bilanzpressekonferenz seines Unternehmens hatte der Manager gesagt, dass das Konsortium an dem Vertrag festhalten und in zehn Tagen zu einem Ergebnis kommen müsse. Vom Tisch sind Forderungen der Industrie nach einer Ausstiegsklausel ohne besondere Begründung. Dies war vor allem ein Wunsch von Daimler-Chrysler. Vor allem über diese Klausel hatte sich der Verkehrsminister aufgeregt, weil sie die Position des Bundes deutlich verschlechtern würde.

Der Bund hatte vor zwei Wochen die Verträge mit Toll Collect zum Bau und Betrieb eines Lkw-Maut-Systems vorläufig gekündigt. Nach dem mehrmaligen Verschieben des Maut-Starts, der ursprünglich für September 2003 geplant war, hatten sich Konsortium und Ministerium trotz monatelanger Verhandlungen nicht auf eine Vertragsanpassung verständigen können. Toll Collect hätte laut Vertrag noch bis Mitte April Zeit für eine Verständigung mit dem Ministerium gehabt.

Offen blieben auch am Sonntag die finanziellen Forderungen des Bundes. Stolpe hatte Schadenersatz von 6,5 Milliarden Euro gefordert – das aber unter der Voraussetzung, dass der Starttermin 2005 nicht eingehalten wird. Jetzt dürfte der Bund eine neue Rechnung aufmachen. Die Einnahmeausfälle für das Jahr 2003 sowie 2004 belaufen sich auf rund drei Milliarden Euro. Diese Forderungen sollen jetzt von einem Schiedsgericht geregelt werden. Industrie und Regierung hätten verabredet, schnell eine Lösung zu finden, sagte Schrempp.

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