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Die Arbeitgeber müssen nicht begründen, warum sie bereits am ersten Tag einen Krankenschein vorgelegt bekommen wollen.

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Update

Bundesarbeitsgericht: Arbeitgeber darf Attest am ersten Krankheitstag fordern

Bis zu drei Tagen krank Zuhause ohne Attest? In vielen deutschen Unternehmen ist dies für Mitarbeiter problemlos möglich. Doch der Chef kann dem einen Riegel vorschieben - und muss nicht sagen, warum.

Von Carla Neuhaus

Eine leichte Erkältung reicht und es wirft einen aus der Bahn. Um die Kollegen nicht anzustecken und die Krankheit nicht zu verschleppen, bleiben viele in einem solchen Fall zuhause – und sei es nur für einen Tag. Doch selbst dann darf der Arbeitgeber ein Attest vom Arzt verlangen, urteilte am Mittwoch das Bundesarbeitsgericht in Erfurt (5 AZR 886/11).

Die Richter haben damit bereits geltendes Recht bestätigt. Schon jetzt darf der Arbeitgeber am ersten Krankheitstag ein Attest verlangen – und das ohne Gründe dafür zu nennen. So steht es im Entgeltfortzahlungsgesetz. „Das hat nur keiner gewusst“, sagte der Berliner Fachanwalt für Arbeitsrecht Lorenz Mayr. So haben die Unternehmen von dieser Möglichkeit in der Vergangenheit auch nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht – zum Beispiel wenn ein Angestellter sich auffallend oft montags, freitags oder an Brückentagen krank gemeldet hat. Üblicherweise verlangen Unternehmen einen Nachweis erst ab dem dritten Tag der Krankschreibung.

Die Gewerkschaft Verdi sieht jetzt jedoch die Gefahr, dass Arbeitgeber die rechtlichen Möglichkeiten ausnutzen, um Druck auf die Mitarbeiter auszuüben. „Das kann dazu führen, dass Angestellte sich trotz Krankheit zur Arbeit schleppen“, sagte Verdi-Sprecher Christoph Schmitz. Er kritisierte zudem, dass das Gericht mit dem Urteil keine konkreten Kriterien benannt hat, wann der Arbeitgeber bereits am ersten Tag der Krankschreibung ein Attest verlangen kann. Stattdessen liegt es „im Ermessen des Unternehmens“. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) begrüßte das Urteil. „Es schafft Rechtssicherheit“, sagte BDA-Geschäftsführer Roland Wolf. Wie ein Arbeitgeber damit umgehe, wenn sich ein Mitarbeiter krank melde, hänge von der Unternehmenskultur ab. Ein Attest am ersten Krankheitstag könnte zum Beispiel auch stichprobenartig verlangt werden.

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hatte sich mit dem Fall einer leitenden Redakteurin des Westdeutschen Rundfunks beschäftigt. Sie hatte mehrfach einen Dienstreiseantrag gestellt, der jedoch immer wieder abgelehnt worden war, und sich dann an dem betreffenden Tag krank gemeldet. Der WDR reagierte darauf und verlangte künftig von ihr, bereits am ersten Krankheitstag ein Attest einzureichen. Mitarbeit: Morten Freidel

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