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Bundessozialgericht: Hartz-IV-Richter sieht "Gerechtigkeitsproblem"

Ungerecht! So nennt der Vorsitzende Richter am Bundessozialgericht, Peter Udsching, die Anrechnung von Erbschaften und anderer einmaliger Einkünfte beim Arbeitslosengeld II.

Kassel - Durch die Pläne der neuen Regierung, die Freibeträge für die Altersvorsorge deutlich zu erhöhen, werde dies noch verschärft, erklärte Udsching in Kassel. Es ergebe sich „ein echtes Gerechtigkeitsproblem“.

Im Streitfall hatte ein Arbeitsloser aus Göttingen nach dem Tod seiner Großmutter 10 700 Euro aus ihrer Lebensversicherung erhalten. Das Geld wollte er für seine Altersvorsorge sparen, der Landkreis rechnete es aber als Einkommen an und stoppte die Hartz-IV-Zahlungen für ein Jahr. Das Gericht konnte den Streit aus formalen Gründen nicht entscheiden und verwies ihn an das Landessozialgericht Celle zurück.

Hintergrund ist das sogenannte Zuflussprinzip, nach dem die Behörden jegliches Geld, das einem Arbeitslosen zukommt, als Einkommen anrechnen können. Ein schon vor dem Antrag auf Arbeitslosengeld II vorhandenes Vermögen ist dagegen durch Freibeträge teilweise geschützt. Im konkreten Fall hätte der Mann daher das Geld für seine Altersvorsorge behalten können, wenn seine Großmutter vor Beginn seiner Arbeitslosigkeit gestorben wäre. „Viele empfinden das als ungerecht“, sagte Udsching, einer der beiden obersten Hartz-IV-Richter in Deutschland.

Eine ähnliche Ungleichbehandlung ergibt es auch bei Abfindungen. Weiß ein entlassener Arbeitnehmer, dass er eine Abfindung bekommt, kann er mit seinem Hartz-IV-Antrag warten und so die Freibeträge beanspruchen. In einem weiteren Fall musste sich ein Arbeitsloser die Abfindung aber vor Gericht erstreiten und bekam sie erst, als er bereits Arbeitslosengeld II bezog. Nach geltender Rechtslage muss er sie sich als Einkommen auf die Sozialleistungen anrechnen lassen, urteilte das Bundessozialgericht.AFP

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