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Wirtschaft: Das Ende der Singles (Leitartikel)

Es wird ein Unternehmen der Superlative. Die neue Deutsche Bank mit dem grünen Dresdner Band kann mit zehn Millionen Kunden eine Bilanzsumme von 2,5 Billionen Mark erwirtschaften.

Es wird ein Unternehmen der Superlative. Die neue Deutsche Bank mit dem grünen Dresdner Band kann mit zehn Millionen Kunden eine Bilanzsumme von 2,5 Billionen Mark erwirtschaften. Nach der Chemie, der Automobilindustrie und der Telekommunikation sind jetzt auch die Kreditinstitute vom Fieber der Fusionen getrieben. Noch ist der Zusammenschluss nicht perfekt. Schon einmal sind sich die beiden Frankfurter Banken sehr nahe gekommen, haben dann aber im letzten Moment die Gespräche abgebrochen. Doch jetzt meinen sie es ernst. Einen abermaligen Abbruch werden sie sich kaum leisten können.

Ist das alles nur gigantische Größensucht? Eine Mode des internationalen Kapitals, der sich niemand entziehen kann? Nein. Das Finanzgeschäft hat sich in den vergangenen Jahren weltweit dramatisch geändert. Wollen die deutschen Banken im Wettbewerb nicht hoffnungslos zurückfallen und selbst Kandidaten für Übernahmen werden, müssen sie rasch handeln. In der Schweiz, in Frankreich, gar in Japan ist der Konzentrationsprozess schon viel weiter fortgeschritten als hierzulande. Wann und mit wem, lautete - vor allem für die Dresdner Bank - die Frage. Die größten Wetten liefen auf einen Zusammenschluss mit der HypoVereinsbank. Diese Spekulation zerstob. Dass aber das Single-Dasein der Dresdner ein Ende finden werde, stand schon lange fest.

Zu teuer und wenig profitabel. Das ist die Kurzform der Kritik an den deutschen Kreditinstituten. Im europäischen Vergleich arbeiten die Banken hierzulande, gemessen am Ertrag, mit zu hohem Kosten. Auch mit ihrer Eigenkapitalrendite liegen sie unter dem internationalen Vergleich. Mit klassischen Krediten wird im Firmenkundengeschäft nur noch wenig Geld verdient, seit sich viele Unternehmen durch Aktienemissionen oder Anleihen direkten Zugang zum Kapitalmarkt verschaffen. Und das Privatkundengeschäft liegt, weil besonders aufwendig, ohnehin darnieder. Die einfachen Geldgeschäfte wandern immer mehr ins Internet ab, während die Bankmitarbeiter in der Vorstadtzweigstelle auf Kunden warten.

Deutsche und Dresdner ziehen daraus den nahe liegenden Schluss: Konzentrieren auf das, was sie können. Vornehm heißt das heute Investment Banking. Das sogenannte Massengeschäft mit dem Kleinanleger oder dem Mittelständler können die Raiffeisenkasse oder die Allianz-Versicherung besser. Die Investment Banken verdienen ihr Geld an den Neuemissionen auf den dynamischen Aktienmärkten. Der sich anbahnende Zusammenschluss der beiden deutschen Banken ist somit Ausdruck einer Arbeitsteilung im Finanzgeschäft. Arbeitsteilung ist auch das stärkste Argument gegen den Verdacht einer puren Fusions-Mode: Jedes Unternehmen soll das machen, was es am besten kann. Das hat schon der Schottische Ökonom Adam Smith gesagt. Es wird zum Nutzen der Kunden sein. Denn sie erhalten die beste Qualität ihrer Bankdienstleistungen zum günstigsten Preis.

Ist diese Fusion auch zum Nutzen der Mitarbeiter? Kurzfristig wird man das kaum behaupten können. Synergie heißt die verschleiernde Umschreibung für einen Abbau von Arbeitsplätzen. Das Wort des ehemaligen Deutschbankers Ulrich Cartellieri macht wieder die Runde: Die Banken sind die Stahlindustrie von heute. Eine Alternative gibt es indessen kaum. Wir sollten uns viel mehr um das Entstehen profitabler als um den Erhalt unrentabler Arbeitsplätze sorgen. Auch dieses Ziel steckt hinter der Fusion der Banken. Ob das Projekt glückt, ist freilich offen.

Rainer Hank

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