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Wirtschaft: Das englische Bahnsystem entgleist

Als Tony Blair vor kurzem von seiner letzten Auslandsreise - er hatte zwischen Pakistan und Indien vermittelt - zurückkam, höhnte der "Daily Telegraph": "Der erste Tag des Besuchs von Tony Blair in Großbritannien verlief ohne größere Zwischenfälle." Wir wollen keinesfalls in dieselbe Kerbe schlagen, denn Blair macht im Kampf gegen den internationalen Terror gute Arbeit.

Als Tony Blair vor kurzem von seiner letzten Auslandsreise - er hatte zwischen Pakistan und Indien vermittelt - zurückkam, höhnte der "Daily Telegraph": "Der erste Tag des Besuchs von Tony Blair in Großbritannien verlief ohne größere Zwischenfälle." Wir wollen keinesfalls in dieselbe Kerbe schlagen, denn Blair macht im Kampf gegen den internationalen Terror gute Arbeit. Aber gemessen daran, wie Labour den öffentlichen Dienst in Großbritannien bisher managt, könnte so mancher sagen, Tony Blair bringt in Übersee mehr für sein Geld.

Daheim sind die Züge verspätet, niemand kümmert sich um eine anständige Transportpolitik, und die Eisenbahnergewerkschaften tragen den größten Streik seit der Regierung von Margaret Thatcher aus. Das Gesundheitssystem ist das schlechteste aller großen europäischen Staaten. Und Labour fiel bisher nichts besseres ein, als noch mehr Geld in das bestehende System zu stecken. Der Streik der Eisenbahner zeigt den desaströsen Zustand des öffentlichen Verkehrssystems. Allein die Privatisierung dafür verantwortlich zu machen, geht am eigentlichen Problem vorbei. Denn seit John Majors Entscheidung, British Rail Mitte der 90er Jahre in einzelne Gesellschaften aufzuspalten, ist die Zahl der Bahnnutzer um ein Drittel gestiegen, und dringend notwendige Investitionen wurden vorgenommen. Trotz der furchtbaren Unfälle von Paddington und Hatfield ist Bahnfahren heute wesentlich sicherer als in der Vergangenheit.

Allerdings legte die halbherzige und komplizierte Quasi-Privatisierung die Grundlage für die aktuelle Krise. Über hundert Betreibergesellschaften wurden geschaffen. Die inzwischen wieder geschlossene Gesellschaft Railtrack besaß den Schienenweg und die Infrastruktur und war dermaßen von Regierungsvorgaben eingeschnürt, dass sie nie die Einnahmen realisieren konnte, die sie für die versprochenen Investitionen benötigte. Am Schluss fehlten Railtrack sechs Milliarden Pfund, und Labour schloss die Firma. Mittlerweile fährt so gut wie kein Zug mehr pünktlich. Aber: In einem Land, das ein gut funktionierendes Bahnsystem hat, schießt in der Regel der Staat den Löwenanteil zu. Was tun? Die Antwort dürfte lauten: weniger Züge und Verbindungen. Das ist ein ehrlicher Weg aus der Krise.

Aus dem Wall Street Journal übersetzt von Ber

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