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Wirtschaft: Das Gefühl, betrogen worden zu sein

Die Franzosen mögen den Euro ebenso wenig wie die Italiener, dagegen kommen Finnen und Iren gut klar mit der Währung

Hamburg - Die Einführung des Euro war in vielen Ländern mit offener Ablehnung und Kritik, aber auch mit Zustimmung begleitet worden. Heute haben sich die Menschen in den meisten Ländern an den Euro immerhin gewöhnt.

FRANKREICH: Die Franzosen mögen den Euro nicht besonders. „Euro“ steht für politisch unkontrollierte Macht unsozial denkender Bankiers im fernen Frankfurt. Und er steht für schwindende Wettbewerbskraft und für Exportbehinderung über unfaire Wechselkurse, die nicht durch Abwertung zu korrigieren sind. Auf den Kassenzetteln werden immer noch die Endbeträge in beiden Währungen ausgewiesen. Das erleichtert den Vergleich, aber auch das innerliche Festhalten am Franc. Und es bestärkt das verbreitete Gefühl, bei der Währungsumstellung betrogen worden zu sein. Nach einer neuen Umfrage sind 57 Prozent der Franzosen der Ansicht, der Euro sei schlecht für sie persönlich. Und 94 Prozent machen den Euro für die Teuerung verantwortlich.

ITALIEN: Geliebt wird der Euro von den allerwenigsten Italienern. Die meisten sehen ihn nach wie vor als „Teuro“. So meint eine Römerin: „Früher kostete eine einfach Pizza 6000 Lire, das waren damals sechs Mark, heute mindestens sechs Euro.“ Außerdem sind die Italiener keine „wertvollen“ Münzen gewöhnt: „Man neigt dazu, zu viel Trinkgeld zu geben“, klagt ein älterer Römer. Auch fünf Jahre nach der Einführung gibt es mitunter noch Geschäfte, die ihre Preise auch in der „guten alten Lira“ angeben.

GRIECHENLAND: Wegen des „komischen“ Umtauschkurses (ein Euro entspricht 340,75 Drachmen) fiel es zunächst fast allen Griechen schwer, einzuschätzen, ob etwas „teuer“ oder „billig“ ist. So wurden die Verkaufspreise von Grundstücken, Wohnungen oder Häusern noch lange in Drachmen angegeben, damit der Käufer den Preis „verstehen“ kann. Mittlerweile sind die Drachmenpreise verschwunden. Dagegen tun sich die Griechen noch schwer, den Wert der Münzen zu begreifen. Die Drachmenmünzen hatten zuletzt kaum Wert und wurden einfach als Trinkgeld zurückgelassen. Viele lassen daher nach dem Kaffeetrinken sogar Zwei-Euro-Münzen liegen, weil sie sich „schämen“, in ihren Augen wertlose Münzen mitzunehmen.

SPANIEN: In Spanien beklagen sich viele Menschen, mit der Einführung des Euro sei alles teurer geworden. Was vorher 100 Peseten kostete, koste nun einen Euro (gleich 166,386 Peseten). Früher bekam man eine Tasse Kaffee in einem Lokal für höchstens 100 Peseten, nun muss man mindestens einen Euro berappen. Angesichts der komplizierten Umrechnung rechnen viele Menschen bei hohen Beträgen meist noch in Peseten, etwa beim Immobilien- oder Autokauf. In Zeitungsannoncen wird der Preis zuweilen sogar nur in Peseten angegeben.

BELGIEN: Belgien gehört seit der Bargeldeinführung zu den ausdrücklichen Befürwortern des Euro. Dem belgischen Franc hat hier keiner richtig nachgetrauert, obwohl die meisten Menschen bei Großanschaffungen wie Häusern immer noch in der alten Währung rechnen. Die Zustimmung zur neuen Währung sank allerdings von 68 Prozent (2002) auf 58 Prozent (2006), liegt aber noch weiter über dem Schnitt der Euro-Zone (in diesem Jahr 48 Prozent).

NIEDERLANDE: Die Niederländer sind in ihrer Haltung zum Euro gespalten: Eine Umfrage im Sommer ergab, dass die Hälfte von ihnen den Gulden zurückwünscht. Das war etwas mehr als kurz nach der Euro-Einführung. Die häufigste Kritik: Der Euro habe alles teurer gemacht. Entsprechend sehnen sich vor allem Menschen mit kleinen Einkommen nach dem Gulden zurück.

IRLAND: Ganz im Gegensatz zu den britischen Nachbarn waren die Iren gern bereit, sich vom Pfund zu trennen. Heute verbindet sich die Einführung des Euro fest mit dem erstaunlichen Wirtschaftsaufschwung auf der grünen Insel. Wenn Regierungschef Bertie Ahern darauf verweist und betont: „Wir Iren wollen total gute Europäer sein“, dann findet er bei den weitaus meisten seiner Landsleute ungeteilte Zustimmung.

FINNLAND: Die Finnin Jaana Lepistö muss auf die Frage nach Problemen mit dem Euro lange nachdenken: „Es hat nie welche gegeben“, lautet die Antwort auf einer Einkaufsstraße in Helsinki. Auch bei der Nationalbank fällt niemandem etwas ein. Sogar das zähe Gerücht von Preissteigerungen bei der Einführung sei inzwischen amtlich entkräftet, sagt Banksprecherin Heli-Kirsti Airisniemi: „Wir haben das untersucht. Bleibt nur, dass viele Finnen Preise nach wie vor im Kopf in Finnmark umrechnen.“ dpa

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