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Wirtschaft: Das Handwerk glaubt an sich

Zahl der Betriebe und Beschäftigten steigt, doch die Umweltzone bereitet den Berliner Firmen Sorgen

Berlin - Die Stimmung im Berliner Handwerk ist derzeit so gut wie lange nicht mehr. „Seit dem Boom zu Anfang der 90er Jahre haben Berliner Handwerker nicht mehr so sehr nach vorne geschaut wie heute“, sagte Handwerkskammerpräsident Stephan Schwarz am Montag. „Das regionale Handwerk glaubt wieder an seine Zukunft.“

So gehen einer Umfrage der Kammer zufolge 32 Prozent der Betriebe im laufenden Jahr von einer Verbesserung der Geschäftsergebnisse aus. 53 Prozent rechnen mindestens mit einer gleichbleibend guten Auftragslage. Bereits im vergangenen Jahr habe das Handwerk in fast allen Bereichen zulegen können, sagte Schwarz. „Die Aufträge nehmen zu und der Stellenabbau konnte gestoppt werden.“ So zählte das Berliner Handwerk Ende des vergangenen Jahres insgesamt 33 392 Mitgliedsbetriebe – ein Plus von 388 Betrieben im Vergleich zum Vorjahr. Auch die Zahl der Mitarbeiter erhöhte sich leicht: Ende 2006 fanden im Berliner Handwerk 191 420 Menschen Arbeit – 420 mehr als im Jahr davor. „Manche halten das vielleicht für recht mager, aber das Ergebnis ist recht positiv, wenn man bedenkt, dass wir in den vergangenen Jahren einen Beschäftigungsrückgang von drei bis fünf Prozent pro Jahr hatten“, sagte Schwarz.

Im ersten Quartal des laufenden Jahres waren die Beschäftigung und die Zahl der Betriebe zwar auch leicht rückläufig, räumte Schwarz ein, dies sei aber vor allem darauf zurückzuführen, dass die Förderung der Ich-AGs im vergangenen Jahr ausgelaufen sei. „Das ist ein normaler Konsolidierungsprozess“, sagte der Handwerkspräsident. „Ich halte die Entwicklung daher nicht für alarmierend.“

Zu dem derzeitigen Optimismus unter den Handwerkern trügen die Maßnahmen im Wachstumspaket der Bundesregierung maßgeblich bei, erklärte Schwarz, der selber einen Betrieb für Gebäudereinigung leitet. „Vom Steuerbonus für Handwerkerleistungen sowie dem Gebäudesanierungsprogramm profitiert ein Großteil der Betriebe.“ Insbesondere Bau- und Ausbaubetriebe verzeichneten erstmals seit Mitte der 90er Jahre wieder ein deutliches Wachstum. „Das Bauhandwerk ist derzeit der Motor der Entwicklung“, sagte Schwarz. So hätten die Betriebe aus dieser Sparte derzeit ein durchschnittliches Auftragspolster von 5,3 Wochen. „Das ist knapp eine Woche mehr als noch vor einem Jahr“, erläuterte der Handwerkskammerpräsident.

Dennoch gibt es Schwarz zufolge weiteren Handlungsbedarf seitens der Regierung und des Senats. Berlin gehöre im Bundesdurchschnitt – neben Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern – noch immer zu den Ländern mit dem geringsten Wirtschaftswachstum. Große Erwartungen setze das Handwerk in den Bau des Großflughafens BBI sowie den geplanten Schlossneubau in Mitte.

Mit großer Sorge blickt das Handwerk auf das bevorstehende Fahrverbot für alle Fahrzeuge ohne Katalysator innerhalb des S-Bahn-Rings. Die voraussichtlich ab Januar 2008 geltende Regelung sei Gift für den Aufschwung und treffe vor allem kleinere Betriebe, die keine großen Rücklagen für Neuanschaffungen hätten. Nur für etwa 30 Prozent der derzeit zugelassenen Firmenwagen gebe es entsprechende Nachrüstmöglichkeiten. „Letztendlich werden dadurch Existenzen vernichtet“, sagte Schwarz zu den Verbotsplänen. Der Handwerkskammerpräsident fordert daher, die Regelung um ein bis zwei Jahre zu verschieben. Derzeit gebe es dazu Gespräche mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft.

Noch mehr Sorge bereitet der Kammer jedoch noch ein anderes Problem. Schwarz zufolge entwickelt sich die Lage auf dem Lehrstellenmarkt mehr als bedenklich. „Eine unserer größten Herausforderungen der nächsten Jahre wird es sein, dieses Problem in den Griff zu bekommen“, sagte er. Im vergangenen Jahr seien zwar 5474 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen worden, doch konnten auch mehr als 100 Ausbildungsplätze nicht mit qualifizierten Bewerbern besetzt werden.

„Nie zuvor ist es vorgekommen, dass wir für so viele Stellen keine Bewerber finden konnten“, erklärte der Geschäftsführer der Handwerkskammer, Ulrich Wiegand. Insbesondere Berufe aus der Lebensmittelbranche, wie etwa Bäcker oder Fleischer, verlören an Attraktivität. Aber auch in der Gebäudesanierung fehlte der Nachwuchs. „Dieser Fachkräftemangel wird sich in den nächsten zwei bis drei Jahren auf alle Branchen auswirken“, sagte Wiegand voraus. Es sei daher dringend notwendig, die vorhandenen Förderprogramme effizient zu nutzen und auch in Zukunft in den Ausbildungsnachwuchs zu investieren, sagte Wiegand.

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