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 Der Kaufhof will deshalb jetzt mit Verdi über einen Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung verhandeln.

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Update

Defizitäre Warenhauskette: Kaufhofmitarbeiter sollen geringere Löhne erhalten

Die Warenhauskette Galeria Kaufhof will in Gesprächen mit der Gewerkschaft Verdi einen neuen Tarifvertrag durchsetzen - zum Nachteil der Beschäftigten.

Nun sollen es die Mitarbeiter richten. Sie sollen auf Gehalt verzichten, um Galeria Kaufhof wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen. Dazu will die Warenhauskette mit der Gewerkschaft Verdi einen Sanierungstarifvertrag für die etwa 21000 Mitarbeiter vereinbaren. Die Gespräche laufen, sagte Kaufhof-Chef Wolfgang Link. Das Unternehmen brauche eine „wirtschaftliche Atempause“. „Uns ist klar, dass ein neuer Tarifvertrag für die Mitarbeiter Einschnitte bringt“, sagte Link dem Handelsblatt. „Aber wir haben keine andere Wahl.“

Der Kaufhof-Chef begründet die geplanten Einschnitte mit dem dramatischen Strukturwandel im Einzelhandel: Immer mehr Marktanteile würden ins Internet abwandern. Innenstädte würden weniger stark frequentiert, und die Gewinnspannen gingen zurück. Daran müsse sich Kaufhof wie der gesamte Markt anpassen. Mit dem Beschäftigungssicherungsvertrag will Kaufhof sparen und verhindern, dass die Schere zwischen Lohn- und Umsatzentwicklung weiter auseinander gehe. „Unser Ziel ist es, das Unternehmen wieder nachhaltig profitabel zu machen und für die Zukunft eine wettbewerbsfähige Kostenstruktur einschließlich der Löhne zu schaffen“, sagte Link. Im Gegenzug bietet er den Beschäftigten eine Verlängerung der sonst im September 2018 auslaufenden Arbeitsplatzgarantien an.

Bei Kaufhof läuft es nicht rund

Zuvor hatte schon die „Süddeutsche Zeitung“ über die Pläne des Konzerns berichtet. Nach Informationen der Zeitung strebt Kaufhof eine Kürzung der Löhne und Gehälter von drei bis fünf Prozent an, die Streichung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld für drei Jahre und eine Erhöhung der Arbeitszeit durch eine Rückkehr zur 40-Stunden-Woche. Die Umsatz- und Ertragsentwicklung sei laut Unternehmenskreisen „existenzgefährdend“.

Stimme Verdi nicht zu, so die Argumentation der Kaufhof-Geschäftsführung, drohe die Insolvenz. Es müssten mehrere tausend Arbeitsplätze abgebaut und viele Standorte geschlossen werden. Auf Twitter schrieb eine Kundin: „Wir kaufen nie mehr bei #Kaufhof ein! Wer Menschen ausbeutet, ist definitiv kein Geschäftspartner!“ Eine andere meint: „Das Konzept von #Kaufhof funktioniert einfach nicht mehr. Da wird auch ein Lohnverzicht nicht mehr helfen.“

Verdi kündigte an, sie werde den Antrag von Kaufhof intensiv prüfen. Dazu gehöre, dass sich ein Wirtschaftsgutachter im Auftrag der Gewerkschaft die Kaufhof-Geschäftszahlen genau ansehe, „damit klar wird, wie es um das Unternehmen tatsächlich bestellt ist“. Für die Zukunft seien überzeugende Konzepte wichtig, wie der Umsatz gesteigert werden kann.

„Personalkostenreduzierungen sind keine nachhaltigen Lösungen“, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Der Kaufhof-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Uwe Hoepfel meinte, die Arbeitnehmervertreter würden alles daransetzen, dass den Kaufhof-Beschäftigten „nicht in die Tasche gegriffen wird“.

Hinweise auf Probleme gab es bereits

Galeria Kaufhof war im September 2015 von der Metro AG für 2,8 Milliarden Euro an die kanadische Hudson's Bay Company (HBC) verkauft worden. Zu dem Zeitpunkt ging es dem Unternehmen gut, es verzeichnete kleine Gewinne. Seit dem Besitzerwechsel sinkt der Umsatz. Das Jahr 2016 habe der Kaufhof „mit einem deutlichen Verlust“ abgeschlossen. Auch die Umsätze seien rückläufig gewesen. Dieser Trend setze sich bislang auch in diesem Jahr fort, beschreibt Link die aktuelle Lage des Konzerns.

Hinweise auf Probleme hatte es zuletzt im Juli gegeben, als der Kreditversicherer Euler Hermes überraschend die Kreditlimits für Kaufhof-Lieferanten spürbar reduzierte. Für zusätzliche Unruhe sorgte im Frühjahr der überraschende Abgang von Firmenchef Olivier Van den Bossche. Derzeit betreibt Galeria Kaufhof 97 Filialen in Deutschland. In Berlin gibt es vier Galeria-Kaufhäuser sowie ein Warenhaus in Cottbus. Insgesamt arbeiten dort 1200 Frauen und Männer.

Gespräche könnten sich lange hinziehen

Im Interview mit dem „Handelsblatt“ meint Link, dass Kaufhof der einzige große Textilfilialist sei, der noch im Flächentarif gebunden sei. Aus dem Tarif aussteigen wolle er nicht. Stattdessen formuliert Link es so: „Wir wollen innerhalb der Tarifbindung bleiben, und die Tarifautonomie in Deutschland sieht ja explizit vor, dass man Tarifverträge für einzelne Firmen und Standorte abschließen kann.“

Der Kostennachteil durch den Tarif liege im niedrigen zweistelligen Bereich und würde weiter wachsen. „Bei Warenhausunternehmen machen die Personalkosten einen erheblichen Teil der Gesamtkosten aus“, so Link. Die Gespräche mit Verdi würden sich sicherlich über Wochen hinziehen. Es wäre aus seiner Sicht schön, wenn es vor den Weihnachtsfeiertagen Klarheit für die Mitarbeiter gebe.

Auf der Arbeitgeber-Bewertungsplattform „Kununu“ klingt eine Mitarbeiterin allerdings so, als würde es die Einschnitte bereits geben: „Man kriegt kein Urlaubsgeld und Weihnachten nur einen Gutschein im Wert von 100 Euro.“ Überstunden würden schon jetzt nicht ausbezahlt, und man kriege nicht frei, sondern dürfe an dem Tag lediglich früher nach Hause.

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