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Wirtschaft: Der Börsenrat begräbt den Neuen Markt

Kontrollgremium der Börse beschließt Neuordnung des Wertpapierhandels – Aktienmarkt soll transparenter und übersichtlicher werden

Frankfurt (Main) (ro). Auch der Börsenrat hat am Mittwoch das Aus für den Neuen Markt und die Neueinteilung der Börsensegmente einstimmig abgesegnet. Der Börsenrat ist das Kontrollgremium der Frankfurter Börse, in dem die Banken, Kursmakler und Kapitalanlagegesellschaften vertreten sind. Danach gibt es an der Deutschen Börse ab Anfang 2003 zwei neue Marktsegmente – ein so genanntes „Domestic Segment“ und ein „Prime Segment“ mit unterschiedlich strengen Anforderungen. In einer Übergangsphase bis Ende kommenden Jahres sollen sie die bisherige Einteilung der gehandelten Aktien an der Frankfurter Börse ablösen.

Damit werden bis Ende 2003 der Neue Markt und der Smax, das Börsensegment für mittelgroße Werte, eingestellt. Unangetastet bleibt der Dax 30 mit den 30 wichtigsten deutschen Aktien, der künftig wichtigster Index im „Prime Segment“ bleiben wird. Die Deutsche Börse reagiert mit diesem Schritt vor allem auf die Kritik am Neuen Markt, der nach zahlreichen Skandalen und Unternehmenspleiten und nach dem rasanten Kursverfall in Verruf gekommen war.

Kern der neuen Struktur ist der PremiumMarkt, das „Prime Segment". Dort sollen erhöhte Transparenzvorschriften gelten wie etwa regelmäßige Quartalsberichte, die Bilanzierung nach internationaler Rechnungslegung wie IAS oder US-GAAP, ein Unternehmenskalender, mindestens eine Analystenkonferenz sowie Ad-Hoc-Mitteilungen auch in englischer Sprache. Das Segment richtet sich vor allem an international orientierte Unternehmen. Im so genannten „Domestic Segment“, dem Standard-Segment – für das sich der Börsenrat allerdings noch einen besseren Namen wünscht – werden dagegen nur die gesetzlichen Mindestanforderungen an die notierten Unternehmen verlangt. Das Segment zielt auf eher national ausgerichtete Firmen. Im Laufe des nächsten Jahres sollen sich die an der Börse gelisteten Unternehmen entscheiden, in welchem Segment sie notiert werden wollen.

Mit dem neuen Konzept will die Deutsche Börse hohe Transparenzstandards für alle Unternehmen zur Pflicht machen und den Aktienmarkt übersichtlicher strukturieren und nach einzelnen Industriegruppen gliedern, für die entsprechende Indizes gebildet werden sollen. Gleichzeitig wird die Börse die neuen Vorschriften in der Börsenordnung verankern. Dadurch können bei Verstößen Bußgelder von bis zu 250 000 Euro verhängt werden. Bisher lag die Grenze am Neuen Markt bei 100 000 Euro. Bei besonders groben Verstößen können in Zukunft nach Angaben der Börse Unternehmen aus dem Premium-Markt herausgenommen oder sogar vom gesamten Aktienhandel ausgeschlossen werden. Die Regeln und auch die härtere Sanktionierung von Verstößen sollen das Vertrauen der Anleger stärken. Es seien die „höchsten Transparenzstandards in Europa“, betont die Deutsche Börse.

Offen ist allerdings noch, wie die einzelnen Indizes für den Premium-Markt zusammengesetzt werden sollen. Diskutiert wird derzeit ein T-Dax für Technologiewerte und ein Index für klassische Aktien mit jeweils 50 Werten.

Im Gespräch sind auch Auswahl- und Branchenindizes. Für den „Domestic Standard“ sind derzeit nach Angaben von Deutsche Börse-Vorstandsmitglied Volker Potthoff keine Indizes vorgesehen. Die Entscheidung über die neuen Indizes liegt nicht beim Börsenrat der Frankfurter Börse, sondern beim Arbeitskreis Aktienindizes der Deutschen Börse AG.

Regionalbörsen müssen aufgeben

Die Zukunft der deutschen Börsenlandschaft wurde am Mittwoch auch bei einer Tagung in Frankfurt diskutiert. Ergebnis: Die deutsche Börsenlandschaft bleibt auf absehbare Zeit zersplittert. Einzelne Börsen werden aufgeben müssen. Klar wurde bei dem Treffen von Vertretern der Regionalbörsen, dass alle deutschen Börsen weiter um die Privatanleger buhlen müssen. „Der Grundkonsens der deutschen Börsen ist gekündigt", sagte Andreas Willius, Vorstandsmitglied der Börse Stuttgart. Die Börsenvertreter betonten, dass der Wettbewerb der Handelsplätze durch die Talfahrt der Kurse härter geworden ist. „Und zwar so hart, dass er für viele Anbieter von Handelssystemen zum Überlebenskampf geworden ist", wie Willius sagte. Auch Dirk Elberskirchen, Vorstand der Börse Düsseldorf, sieht die Börsen in einem schärferen Konkurrenzkampf: „Die Zahl der Handelssysteme und der Börsen wird in den nächsten Jahren schrumpfen."

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