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Wirtschaft: Der deutsche Samurai

Ex-BDI-Chef Rogowski erhält einen hohen japanischen Orden und lobt Japan – doch die Zukunft sieht er anderswo

Berlin - Welche Fremdsprache sollen junge Menschen neben Englisch lernen, um in der Welt der Zukunft voranzukommen? Michael Rogowski zögert. Japanisch läge nahe, denn am heutigen Montag erhält er einen der höchsten japanischen Orden. „Vergesst Japan nicht vor lauter China- und Indien-Euphorie“, sagt der frühere Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) denn auch.

Japan sei ein „schwieriger, aber lohnender Markt“, zudem gebe es viele Parallellen zu Deutschland, etwa die demographischen Probleme oder den inflexiblen Arbeitsmarkt. „Beide Länder sind noch nicht da, wo sie sein sollten.“ Und beide könnten viel voneinander lernen. „Die Japaner setzen Erfindungen viel schneller und präziser in innovative Produkte um, und sie haben ein noch systematischeres Qualitätsbewusstsein als wir“, sagt Rogowski. „Dafür gilt bei uns die einzelne Innovationsleistung mehr. Das Individuum zählt. Japan ist ein großes Kollektiv.“ Gerade für Mittelständler sei der japanische Markt nicht einfach. Ein besseres Produkt reiche nicht, es müsse auch ein neuartiges sein, um zu bestehen. Nachahmen funktioniere nicht: „Von Me-too sollte man die Finger lassen.“

Japans „Orden der aufgehenden Sonne mit Schulterband“ ist eine der höchsten Auszeichnungen, die Ausländer erhalten können. Rogowski, der mit dem Jahreswechsel ganz aus dem BDI-Präsidium ausschied, erhält den Orden für seinen Einsatz für das Deutschlandjahr in Japan und die dortige Expansion des Unternehmens Voith, das er lange Jahre geführt hat. Der neue Botschafter Toshiyuki Takano wird ihm die Ehrung überreichen.

Voith, 1867 gegründet, beschreibt sich als eines der größten Familienunternehmen Europas und ist auf Papier-, Antriebs- und Kraftwerkstechnik spezialisiert. Rund 4000 der weltweit 30 000 Beschäftigten arbeiten in der Zentrale in Heidenheim, Rogowski ist inzwischen Vorsitzender des Aufsichtsrats.

In den vergangenen 15 Jahren haben nur vier Deutsche den hohen Orden erhalten: der CSU-Bundestagsabgeordnete Dionys Jobst, der FDP-Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff, Ex-Forschungsminister Heinz Riesenhuber (CDU) und Rogowskis Amtsvorgänger Hans-Olaf Henkel. Eine etwas weniger hohe Auszeichnung, nämlich den „Orden der aufgehenden Sonne am Halsband, goldene Strahlen“ erhält in Kürze der Bonner Professor und Japan-Forscher Josef Kreiner.

Die japanische Botschaft will mit der heutigen Ordensverleihung Zeichen setzen. Die große Hoffnung der Diplomaten ist, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) – nach den vielen China-Reisen von Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) – Japan noch in diesem Jahr die Ehre ihres ersten Asienbesuches gibt. Eine Planung in dieser Richtung gibt es nach Auskunft eines Regierungssprechers aber nicht. Dass sie die Einladung Chinas 2006 annehmen will, hat Merkel dagegen schon im alten Jahr erklären lassen. Voith hat lange Beziehungen zu beiden Ländern: 1904 lieferte man die erste Turbine nach Japan, 1909 die erste nach China.

Für Rogowski ist Japan fremd geblieben. Wirkliche Freundschaften habe er über all die Jahre nicht gefunden, aber „sehr gute Kontakte“. Zu einem japanischen Unternehmer habe er vor Jahren sogar „ein vertrauensvolles, fast freundschaftliches Verhältnis“ entwickelt, erzählt er. Wenn Japaner einen erstmal kennen und schätzen gelernt hätten, zeigten sie eine besondere Treue – das zeichne die Geschäftsbeziehungen aus.

Japanisch habe er nicht gelernt, was er immer wieder als hinderlich empfunden habe, denn Japaner sprächen selten sehr gutes Englisch, ganz zu schweigen von Deutsch. Und, welche Sprache neben Englisch empfiehlt er denn nun seinen sechs Enkelkindern, die zwischen zwei und 19 Jahren alt sind? „Ich würde sagen: Chinesisch vor Japanisch. Oder Russisch. In Russland entwickelt sich ein Riesenmarkt.“

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