zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Der holländische Weg

Im Vergleich zur Senkung von Staatsausgaben ist das Senken von Steuern politisch einfach – ungeachtet des Gemurres aus Brüssel über Defizite. Und so ermutigend die jüngsten Steuersenkungen in Frankreich und Deutschland sind, verdient der in Holland gerade eingebrachte Haushalt besonderes Lob.

Im Vergleich zur Senkung von Staatsausgaben ist das Senken von Steuern politisch einfach – ungeachtet des Gemurres aus Brüssel über Defizite. Und so ermutigend die jüngsten Steuersenkungen in Frankreich und Deutschland sind, verdient der in Holland gerade eingebrachte Haushalt besonderes Lob.

Die regierende MitteRechts-Koalition hat ein ehrgeiziges Sparpaket geschnürt, um die Einhaltung der EU-Haushaltskriterien sicherzustellen. Dessen wahre Bedeutung – und sein wahrer Wert – liegen jedoch woanders.

Die Erwerbsunfähigkeitsrente (WAO) ist seit Jahren das schmutzige kleine Geheimnis der einst berühmten holländischen Vollbeschäftigungswirtschaft. 13,5 Prozent der niederländischen Erwerbsbevölkerung sind derzeit WAO-Empfänger, manche auf Lebenszeit. Wenngleich viele davon auf Grund von Krankheit oder Verletzung tatsächlich arbeitsunfähig sind, profitieren viele andere davon. Denn nach holländischem Arbeitsrecht ist es einfacher, Angestellte erwerbsunfähig zu melden als sie zu entlassen.

Die Reformen der Regierung – Kürzung der Zahlungen, Einschränkung der Anspruchsberechtigung – zielen direkt auf diese nationale Peinlichkeit: Arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger sollen gezwungen werden, sich Arbeit zu suchen. Wenn das dazu beiträgt, die Staatsausgaben zu senken, ist das willkommen. Eine seit langem bestehende Schieflage in der holländischen Volkswirtschaft zu korrigieren, ist jedoch das lobenswertere Ziel.

Man ist versucht, diese Ausgabenkürzungen als Modell steuerlicher Redlichkeit im Gegensatz zu den französischen und deutschen Steuersenkungen hinzustellen. Das wird erleichtert durch das kompromisslose Insistieren der holländischen Regierung, Deutschland und Frankreich müssten die von Brüssel geforderte Defizit-Grenzmarke einhalten. Genau genommen handelt es sich jedoch um zwei Seiten derselben Medaille.

Überall in Europa ist ein schlankerer Staat erforderlich. Um das zu erreichen, sind Sozialreformen und Steuersenkungen notwendig. Holland hat sich für einen anderen Weg entschieden als Deutschland und Frankreich. Doch das Ziel – eine dynamischere Wirtschaft mit schlankerem Staat und mehr Beschäftigung – ist in beiden Fällen dasselbe. Beide Wege sind zu befürworten.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false