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Wirtschaft: Der Intendant der Weimar 1999 - Kulturstadt Europas, über Geldmangel, Sponsoren und den Top-Star Goethe

Bernd Kauffmann, 44, ist Intendant der Weimar 1999 - Kulturstadt Europas GmbHKaum eine andere Kulturstadt in Europa musste bisher mit so wenig staatlicher Unterstützung auskommen wie Weimar. Der 250.

Bernd Kauffmann, 44, ist Intendant der Weimar 1999 - Kulturstadt Europas GmbH

Kaum eine andere Kulturstadt in Europa musste bisher mit so wenig staatlicher Unterstützung auskommen wie Weimar. Der 250. Geburtstag von Goethe am 28. August wird zum großen Teil von Unternehmen gefördert. Über die Sponsoren sprach mit Kulturstadt-Chef Bernd Kauffmann Ruprecht Hammerschmidt.

Die Kulturstadt Weimar hat mit 60 Mill. DM vom Staat einen winzigen Etat. Das Geld verteilt sich auf vier Jahre und musste auch noch für drei Vorlauffestivals ausreichen. Warum geben Bund und Land so wenig?

Winzig ist relativ. Aber Sie haben recht, im Vergleich zu anderen Kulturstädten ist das nicht sehr viel, obwohl Bund und Land aus ihrem Verständnis viel getan haben. Ich glaube, dass die Bundesregierung "Weimar 1999" anfangs eher als regionales Ereignis begriffen hat, also nicht als gesamtstaatliche Aufgabe - was sich jetzt geändert hat. Außerdem: Wir befinden uns in den neuen Ländern, und hier steht keine große Wirtschaftskraft dahinter, die die europäische Kulturstadt auch als ein entscheidendes Kriterium für ein Standortmarketing begreift.

Bei der Werbung müssen Sie mit drei Mill. DM auskommen. Mit dem Geld lassen sich kaum Anzeigen und Plakate finanzieren, auf denen Logos der Sponsoren erscheinen. Beeinträchtigt das die Spendierfreude der Unternehmen?

Das Geld muss reichen, aber wirklich reichen tut es nicht. Zum Vergleich: Die Kulturstadt Kopenhagen hatte 120 Mill. DM für Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung, Stockholm immerhin noch 50 Mill. DM. Aber Not macht erfinderisch. Werbung findet also trotzdem statt, wird aber auf Umwegen erschlichen. Ich denke, den Sponsoren ist gedruckte Werbung gar nicht mehr so wichtig. Fernsehen ist ihnen viel wichtiger. Wenn zum Beispiel ein Unternehmen wie VW auf Viva oder bei Konzerten von 3Sat im Abspann genannt wird, macht es das glücklich.

Ihr Etat soll mit zehn Mill. DM von privaten Geldgebern aufgepolstert werden. Hätte es mit einem Topstar Goethe nicht mehr sein können?

Die zehn Mill. DM erreichen wir in einer Kombination von Bar- und Sachleistungen. Darüber bin ich schon sehr froh, und im Übrigen glaube ich noch an den Primat der Kunst. Das bedeutet, dass wir für Geld nicht alles machen. Wir hatten ein Angebot von einem Schnapsfabrikanten, der sein Label bei "Faust" auf einem T-Shirt auf der Bühne sehen wollte. Das habe ich abgelehnt. Solch eine Verbindung würde die Kunst unterwandern. Noch ist diese Haltung in Europa gängige Meinung.

Die Kulturstadt hat mit VW, der Deutschen Bahn und der S-Finanzgruppe nur drei Hauptsponsoren. Weshalb diese Zurückhaltung?

Dazu kommen noch diverse Projektsponsoren und sogenannte Technical Supporter wie Sony. Für die Zurückhaltung gibt dafür drei Gründe: Für große Unternehmen ist es schwierig, sich im deutschen Osten zu positionieren. Weimar ist für sie nur ein Point of Culture, aber kein Point of Sale. Hinzu kommt, dass die Unternehmen heute in Zeiten des Shareholder Value ganz anders rechnen.

Und was ist der dritte Grund?

Es gibt in Deutschland eine tragische Angst vor dem Risiko. Wir hatten beispielsweise einen Workshop, bei dem junge Musiker aus Deutschland, Israel und 14 Nahost-Staaten zusammengeführt wurden, um ein Orchester zu bilden, welches von Daniel Barenboim, Yo Yo Ma und Edward Said präsentiert wurde. Da umarmen sich die Unternehmer und sagen: "Mittlerer Osten, oh Gott, wenn das platzt, will ich es nicht gewesen sein." Sie gehen kein Risiko ein, aber jetzt scheint es doch noch ein Unternehmen zu geben, das sich auf dieses Risiko einlassen will, um den Workshop bzw. das Orchester dauerhaft zu sichern.

Gibt es Sponsoren, die es richtig machen?

Für mich ist die Dachorganisation der Sparkassen, die S-Finanzgruppe, ein sehr vertrauensvoller Partner - und auch die Deutsche Bahn AG und Volkswagen. Die S-Finanzgruppe hat beispielsweise das Goethe-Gartenhaus mitfinanziert. Sparkassen spielen gerade in kleinen Kommunen eine wichtige Rolle und sind sehr nah am Kunden. Bewusst verzichtet die Organisation auf große Selbstinszenierungen und vertraut lieber auf Presseberichterstattung, was glänzend gelungen ist. Die Deutsche Bahn hat uns immens bei Marketing und bei der Weimar-Card geholfen.

Sind andere Geldgeber eitel?

Das würde ich so nicht sagen. Sie verlangen aber knallharte Gegenleistungen. Das Mäzenatentum ist tot, allenfalls Stiftungen spenden noch für die Kunst. Für die Unternehmen muss sich jede Mark bezahlt machen.

Welchen Gegenwert bieten Sie den Sponsoren?

Wir haben gar nicht mehr die Schwierigkeit, etwas bieten zu müssen - die Sponsoren verlangen genaue Leistungen. Das ist nicht nur die Namensnennung auf Plakaten, Flyern und im Abspann von Übertragungen. Die Mitarbeiter der Unternehmen müssen bei Veranstaltungen betreut werden. Das ist die Abteilung "Empfang und Incentive" mit Stadtrundfahrten, Sekt und Vorträgen.

Sie bekommen aber auch Geld von Stiftungen.

Bei Stiftungen ist das etwas anderes. Die haben ihre Stäbe, die inhaltlich sehr kenntnisreich sind. Hier spielen altruistische Motive weiterhin eine große Rolle.

Verlagert sich das Sponsoring ganz auf die Stiftungen?

Das glaube ich nicht. Es zeichnet sich aber ein deutlicher Trend ab, der von der Barzahlung zur Sachleistung geht.

Was verändert sich dadurch?

Es bringt Probleme bei der Bewertung mit sich, denn der Sponsor rechnet die Leistung aus steuerrechtlichen Gesichtspunkten höher als wir. Um selbst Steuern zu sparen, haben wir uns letztlich entschlossen, die Kulturstadt GmbH von einer gemeinnützigen Gesellschaft in eine umsatzorientierte umzuwandeln. Vorher mussten wir über 40 Prozent Steuern zahlen, jetzt kommen wir mit nahezu Null davon. Das Steuerrecht macht deutlich, dass der Staat ein vom Mäzenatentum durchsetztes Sponsoring noch nicht nachvollziehen kann.

Angenommen, Sie hätten soviel Geld zur Verfügung, wie sie wollten. Welches Projekt würden sie dann machen, auf das Sie jetzt verzichten?

Wir haben damals noch manche Dinge streichen müssen. Was mir sofort einfällt, ist Robert Wilsons Projekt "DD&D III", die Thematisierung der Apokalypse. Diese Produktion ist planerisch explodiert wegen der sehr hohen Technik- und Bühnenanforderungen Wilsons, die uns mit mehreren Mill. DM belastet hätten.

Die Kulturstadt Weimar hat mit 60 Mill. DM vom Sta

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