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Wirtschaft: Der König lebt

Elvis feiert in England ein Comeback als Werbe-Ikone – sogar die Tories soll er in Schwung bringen

England hat einen neuen König: Elvis Presley. Er taucht in der Öffentlichkeit sehr viel häufiger auf als die Royals. Britische Firmen von Internetdiensten oder Deodorantherstellern senden Werbespots mit dem Rock ’n’ Roll-König, um ihre Umsätze anzukurbeln. Selbst die konservative Tory-Partei will auf den hüftenschwingenden Sänger nicht verzichten.

Dabei hat der 1977 gestorbene Presley niemals ein Konzert in Großbritannien gegeben. Nur wenige Stunden stand er mit seinen blauen Wildlederschuhen auf britischem Boden. Das war 1960 auf dem Flughafen im schottischen Prestwick, als er von seinem Militärdienst in Deutschland nach Amerika zurückflog. Verwunderlich ist die neue Popularität von Elvis auch deshalb, weil es genügend englische Sänger gibt, die die Engländer anhimmeln könnten, wenn sie nostalgisch sein möchten. Man denke nur an die Beatles.

Und doch ist es Elvis, der auf Plakatflächen und in Radio- und Fernsehspots auftaucht. Der tote US-Star wirbt auf Londoner Doppeldeckerbussen und in U-Bahnen für das Deo „Rexona“ von Unilever. Ein Elvis – allerdings ein Imitator – wirbt auch für die neue Internetzugangs-Software AOL 9.0 des Onlinedienstes. Und Elvis „A Little Less Conversation“ ist ausgerechnet der Titelsong für den nächsten Wahlkampf der konservativen Tory-Partei. Die Briten werden voraussichtlich im kommenden Jahr wählen. Dabei dürfte die ältere, konservative Wählerklientel der Tories vor 40 Jahren von Elvis Presley ziemlich erschreckt worden sein.

Doch die Konservativen wollen die wieder gestiegene Popularität des amerikanischen Sängers nutzen. „A Little Less Conversation“ stürmte in den vergangenen Jahren die britischen Hitparaden. Das Lied, das 1968 für den Elvis-Film „Live a Little, Love a Little“ komponiert wurde, kam 2002 in einem neuen Single-Remix auf den britischen Markt. Mit dem erfolgreichen Song wollen die Tories ihr neues Wahlkampf-Thema – mehr „Action“ – vermitteln und sich von der Labour-Partei absetzen.

„Wohl niemand hat damit gerechnet, dass die Tories ein Lied von Elvis Presley nehmen“, sagt Charles Hendry, stellvertretender Chairman der Konservativen. „Doch uns war wichtig, die Werbekampagne humorvoller zu machen.“ Die Tories hätten auch zahlreiche andere Lieder von Sängern wie den Beatles in Betracht gezogen, sagt er. Aber: „Elvis ist nun mal eine internationale Ikone.“

Weil Ikonen auch verschwinden, ist Presley außerdem relativ preiswert – ein Hauptgrund, warum Firmen so gern mit ihm werben. Unternehmen müssten nach britischem Markenrecht keine Lizenzgebühren zahlen, wenn sie digital veränderte Bilder toter Stars verwendeten, sagt Todd Morgan, der bei der Firma Elvis Presley Enterprises Inc. (EPE) für Medien zuständig ist. Die Firma gehört zur Nachlassverwaltung von Elvis Presley, und diese wiederum ist in alleinigem Besitz von Lisa Marie Presley, der Tochter des Sängers. Anders sieht es bei amerikanischen Unternehmen aus. Die müssen für die Werbung mit digital veränderten Presley-Bildern Lizenzgebühren an die EPE zahlen. Die Firma verdient auch an der Werbung mit Elvis-Songs. Wie viel man EPE überweist, ist Verhandlungssache und hängt nicht zuletzt vom Lied ab. Mehr will EPE-Manager Morgan nicht verraten.

Weniger willkommen dürfte Morgan die Werbung mit Elvis-Imitatoren sein, weil sie dafür keine Lizenz-Gebühren erhält. Für die Unternehmen haben Imitatoren neben den niedrigeren Kosten auch den Vorteil, dass sie komisch sind. Ein gutes Beispiel dafür ist der TV-Werbespot von AOL. Darin sucht ein als Elvis verkleideter Chinese im Internet nach Informationen über den Sänger, bevor er zu einem Fan-Treffen geht. Im Hintergrund läuft dazu die Musik von „Suspicious Mind“ ab. Der Spot, der nur in Großbritannien ausgestrahlt wird, spreche Briten an, weil Elvis aus bescheidenen Verhältnissen stamme und Sympathie für die kleinen Leute gehabt habe, sagt Martin Cole von der Londoner Filiale der Werbeagentur Grey Global. Die Agentur hat die Elvis-Werbung produziert.

Auf eine Mischung von echtem Elvis und Elvis-Imitator setzt ein Werbespot der Brotmarke „Kingsmill“. Der Nahrungsmittelhersteller Associated British Foods PLC zeigt in dem Spot zunächst mit dokumentarischem Filmmaterial, wie Elvis am Flughafen von Prestwick aus dem Flugzeug steigt. Dann wird die Geschichte fiktiv weitergesponnen: Elvis, nun dargestellt von einem Imitator, bleibt in England. Und erfindet sein eigenes Brot, das er im Spot in einer Küche aus den Sechzigerjahren backt.

Der kreative Brot-Werbespot inspirierte wiederum andere Kreative: Die kleine Londoner Werbefirma Cake hat sich gemeine Wortspiele auf Elvis-Liedertexte ausgedacht: „Bake, Rattle and Roll“ und „Hunka Hunka Burnin’ Loaf“ – als Anspielung auf den brotbackenden Elvis. Die frechen Slogans sollen bald in Printmedien und im Internet erscheinen.

Auch jenseits der Werbewelt ist Elvis in der Musikbranche wieder angesagt: Das neue alte Elvis-Album „That’s All Right“ – ein Wiederauflage der ersten Elvis-Platte, die vor 50 Jahren auf den Markt kam – liegt in den Charts an dritter Stelle, geschlagen nur von dem Rhythm-&-Blues-Sänger Usher und Popstar Britney Spears.

Robert Guy Matthews

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