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Wirtschaft: Der Krieg hat bislang keine Auswirkungen auf die Aktienmärkte

DÜSSELDORF (nac/HB).In einem Punkt sind sich die meisten Marktbeobachter einig: Die vorübergehende Schwäche des Euro gegenüber dem Dollar ist eine direkte Auswirkung des Kosovo-Konflikts.

DÜSSELDORF (nac/HB).In einem Punkt sind sich die meisten Marktbeobachter einig: Die vorübergehende Schwäche des Euro gegenüber dem Dollar ist eine direkte Auswirkung des Kosovo-Konflikts.In den ersten Tagen nach dem Beginn der Luftangriffe in der Nacht vom 23.auf den 24.März verlor die europäische Währung zunächst fast täglich an Wert gegenüber dem Greenback."Der Dollar hat mal wieder seine Funktion als sicherer Hafen bestätigt", sagt Michael Heise, Chefvolkswirt der DG-Bank.

"Europa fehlt eben noch wirtschaftlich und vor allem politisch die Stärke, um mit seiner Währung dagegenzuhalten", meint Heise.Nach Ansicht des Chefvolkswirts der Deutschen Bank, Norbert Walter, besteht das Risiko, daß der Dollar im Vergleich zum Euro noch stärker wird, denn der Kosovo-Krieg finde "eher in unserem Hinterhof und nicht im amerikanischen" statt.Sollte der Krieg im Kosovo sogar länger andauern, hält der Ökonom ein Austauschverhältnis von Euro zum Dollar von 1:1 für möglich.

Welche Auswirkungen der anhaltende Krieg allerdings auf die Aktienmärkte hat, darüber gehen die Experten-Meinungen auseinander."Überhaupt keine", sagt Oliver Kamm, oberster Aktienstratege der Commerzbank.Wichtig seien in erster Linie die Wirtschaftsdaten der Unternehmen - und die seien von den Kriegsauswirkungen nicht beeinflußt.

Sein Kollege Kai Franke von der BHF-Asset Management mag da nur teilweise zustimmen: "Realwirtschaftlich sind die Auswirkungen tatsächlich zu vernachlässigen, da die betroffene Region für uns keine wichtige Handelsregion ist.Es herrscht allerdings eine psychologische Unsicherheit auf dem Parkett vor, wie die Entwicklung weitergeht", sagt Franke.Es seien durchaus Befürchtungen zu hören, der Konflikt könnte sich zu einem Flächenbrand ausdehnen und die Nachbarregionen zumindest ökonomisch in die Krise hineinziehen.Damit würden sich die Absatzchancen deutscher Unternehmen verschlechtern, was zu fallenden Kursen führen könnte.

"Die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank war für viele Anleger nur ein Trostpflaster", sagt Franke.Es könne sich die Meinung durchsetzen, daß es besser sei, zunächst Aktienkäufe zurückzustellen.Bereits jetzt bekommen traditionell starke Handelspartner Jugoslawiens wie etwa Griechenland die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges zu spüren: Experten gehen davon aus, daß die Wachstumsrate in Griechenland im laufenden Jahr nur noch 3,0 Prozent erreichen wird - 0,5 Prozentpunkte weniger als ursprünglich erwartet.Größte Sorge der Athener Regierung: Die Krise, sollte sie länger andauern oder sich gar ausweiten, könnte die Pläne zum Anschluß an die Europäische Währungsunion vereiteln.

Flüchtlingsströme in ohnehin ökonomisch schwache Nachbarländer wie Albanien und Mazedonien belasten die dortige wirtschaftliche Entwicklung zusätzlich.Emerging Markets wie Ungarn und Kroatien könnten daher in ihrer Entwicklung nachhaltig gestört werden, befürchten einige Analysten.

Eberhard Unger von der BfG-Bank fürchtet darüber hinaus negative Auswirkungen auf den Anleihe-Markt: "Kapital aus den USA und Fernost meidet zur Zeit den europäischen Markt und bleibt lieber zu Hause."

Helmut Seidensticker von M.M.Warburg verweist allerdings darauf, daß im Gegensatz zum Golf-Krieg weniger ökonomische Interessen betroffen seien, der Krieg daher eher geringe Auswirkungen auf die heimischen Geld- und Kapitalmärkte habe."Ich glaube allerdings, daß die Marktteilnehmer bei einem Waffenstillstand spürbar aufatmen würden." Die Erfahrung der vergangenen Woche bestätigt seine Meinung: Am 6.April trieb die Meldung über einen möglichen Waffenstillstand im Kosovo die deutschen Aktien kurz vor Handelsschluß über die 5000-Punkte-Marke und der Markt verbuchte mit einem Plus von 2,4 Prozent den höchsten Zuwachs der vergangenen Wochen.Trotzdem wird das alte Börsensprichwort, wonach bei donnernden Kanonen, also vor dem Ende des Krieges, die beste Zeit zum Einstieg sei, von vielen Analysten sehr kritisch gesehen.

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