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Wirtschaft: „Der Kunde zieht nur an, was gut aussieht“

Puma-Chef Zeitz über den Wandel zum Lifestyle-Konzern, Lieferanten aus Billiglohnländern und die Kameruner Fußball-Nationalelf

Herr Zeitz, treiben Sie Sport?

Ich laufe regelmäßig und gehe ins Fitnessstudio.

Pumagestylt oder im einfachen Sweatshirt?

Das entscheide ich nach Laune.

Vor zehn Jahren haben Puma-Hosen nur Sportler angezogen, denen das Aussehen gleichgültig war. Jetzt ist Puma Kult.

Früher war Puma eine reine Sportmarke. Bei den Produkten kam es vor allem auf die Funktion an. Der Fußballstollen musste halten und der Hallenturnschuh durfte nicht rutschen. Inzwischen tragen viele Menschen in ihrer Freizeit sportliche Kleidung. Auf diesen Trend haben wir reagiert und verbinden seitdem Sport, Lifestyle und Mode.

Verkaufen sie nun Sport- oder Modeartikel?

Das Design spielt heute eine viel größere Rolle. Wir spielen mit Farben, nutzen ungewöhnliche Materialien oder entwickeln neue Formen und Styles. Dazu kommen neue Stoffe, die nicht nur für Sportler besonders angenehm sind. In diesem Mix liegt der Erfolg der Marke – es geht nicht mehr ausschließlich um Sport-Performance, sondern um die Kombination von Sport und Lifestyle.

Weil der Kunde das so will?

Neben den ambitionierten Sportlern gibt es immer mehr Menschen, die einen aktiven Lebensstil pflegen, regelmäßig Sport treiben und Wellness-Angebote nutzen. Sie legen aber Wert darauf, in ihrer Freizeit sportliche Mode zu tragen. Das gilt sogar für den Geschäftsreisenden. Wenn sie drei oder vier Tage unterwegs sind, möchten sie nicht fünf Paar Schuhe einpacken. Sie wollen ein Paar Schuhe, mit dem sie einen Anzug tragen, nach dem Meeting in der Stadt rumlaufen oder sogar ins Fitnessstudio gehen können.

Und wie baut man eine traditionelle Sportartikelfirma zu einem Lifestyle-Konzern um?

Puma ist heute eine multikulturelle Truppe mit Mitarbeitern aus den verschiedensten Regionen dieser Welt. Sie kommen aus den unterschiedlichsten Altersgruppen und Nationalitäten und verkörpern selbst den Stil, den wir als Marke darstellen. So gesehen entwickeln wir Produkte nicht nur für unsere Kunden, sondern auch für uns selbst.

Es ist aber viel riskanter, nur auf modische Trends zu setzen.

Kein Verbraucher zieht mehr etwas an, das nicht gut aussieht. Unser unternehmerisches Risiko besteht darin, dass wir einen wichtigen Trend verpassen könnten.

Und da reicht es, was die Mitarbeiter so fühlen und leben?

Natürlich reicht das nicht allein. Wenn wir in einen neuen Bereich expandieren wollen und nicht über das entsprechende Know-how verfügen, holen wir uns Rat von außen. Wir waren eines der ersten Unternehmen, die Yoga trendig gemacht haben. Wir haben uns deshalb mit Christy Turlington zusammengetan, die selbst viel Yoga betreibt.

Adidas, Nike und Modekonzerne wie Boss kopieren jetzt ihr Lifestyle-Konzept.

Ich finde es gut, wenn Modeunternehmen den Sport als interessanten Markt für sich erkennen. Das zeigt, dass Sport nicht mehr als schweißtreibende Rackerei angesehen wird. Erweitert um eine modische Komponente lassen sich ganz neue Zielgruppen erschließen. Das kommt auch Puma zugute. Vor allem, weil wir uns im Sport auskennen. Was klassische Modeunternehmen unter dem Label Sport anbieten, hat mit Sport häufig nur sehr wenig zu tun.

Sie beschreiben sich selbst als virtuellen Konzern. Was ist das?

Wir haben nicht mehr nur eine Unternehmenszentrale, sondern drei: eine in Herzogenaurach, eine in Boston und eine in Hongkong. In den drei Städten sind jeweils verschiedene Abteilungen und Funktionen konzentriert. Zum Beispiel befindet sich das Marketing in den USA, während die Bereiche Finanzen und Controlling in Deutschland angesiedelt sind. Von Hongkong aus koordinieren wir die Beschaffung. Die Produkte und Konzepte werden in allen drei Ländern entwickelt. Gemeint ist auch, dass wir viele Dinge nicht mehr selber machen. So haben wir unsere Logistik ausgelagert und produzieren nicht mehr selbst.

Ist Puma noch ein deutsches Unternehmen?

Nein. Wir sind ein globales Unternehmen mit deutscher Herkunft. Unsere Markenzeichen sind in Deutschland registriert, wir zahlen hier einen großen Teil unserer Steuern und sind hier an der Börse notiert.

Aber die Kunden können sich nicht mehr darauf verlassen, dass Puma-Sachen nicht in Billiglohnländern unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert werden.

Ganz sicher können Sie sich darauf verlassen. Unsere Produktionsbetriebe müssen die von uns definierten Sozial- und Umweltstandards einhalten. Das betrifft die Schaffung vernünftiger Arbeitsbedingungen genauso wie die Nutzung von umweltverträglichen Materialien in der Produktion. Wir sind uns unserer Verantwortung als weltweit agierendes Unternehmen bewusst. Man kann aber die Standards nicht nur am westlichen Niveau ausrichten.

Und wie kontrollieren Sie das Niveau, das sie für angemessen halten?

Wir haben ein eigenes Team, das nicht nur die Einhaltung unserer Standards regelmäßig überwacht. Unsere Mitarbeiter verstehen sich auch als Berater, die die Produzenten unterstützen und schulen.

Sie haben aber keinen Einfluss mehr auf die Zulieferer Ihrer Zulieferer.

Wir kontrollieren den gesamten Teil der Wertschöpfungskette. Das reicht von der Planung über die Produktion bis hin zur Qualitätskontrolle. Wenn ein Zulieferbetrieb nicht unseren Standards entspricht, nehmen wir ihn erst gar nicht auf. Dies führt auch auf Seiten der Zulieferer zu einem stärkeren Wettbewerb untereinander um die bestmöglichen Umwelt- und Sozialstandards.

Honorieren Puma-Kunden das?

Unsere Kunden sind heute viel bewusster, was Umwelt und Soziales anbelangt. Ich glaube, dass die Kommunikation solcher Standards und solcher Werte Wettbewerbsvorteile schafft. Unternehmen, die nur über den Preis verkaufen, können sich die Einhaltung solcher Standards gar nicht leisten, denn die Einführung und Überprüfung der Standards kostet Geld. Eine Folge davon ist, dass wir nicht mehr in Deutschland produzieren können, teils aus Kostengründen, aber auch, weil das Know-how dafür nicht mehr vorhanden ist. Ein Laufschuh, der heute 80 bis 90 Euro kostet, würde sonst um ein Vielfaches mehr kosten. Kein Verbraucher ist bereit, diesen Preis zu bezahlen.

Sie unterstützen mit der Fußball-Nationalmannschaft von Kamerun oder dem Olympia-Team von Jamaika vermeintliche Außenseiter. Warum?

Die jamaikanischen Leichtathleten sind sehr erfolgreiche Sprinter und die Kameruner Fußballer amtierender Afrikameister und Olympiasieger. Wir sind keine Marke, bei der es nur um das Gewinnen oder die Goldmedaille geht. Wir sind stets darum bemüht, Athleten bei der Ausübung des Sports in ihren Outfits gut aussehen zu lassen und Spaß zu vermitteln.

Nur können die meisten Kameruner sich nicht mal einen Fußball von Puma leisten.

Müssen sie auch nicht, denn wir schenken ihnen den Ball. Unsere Ausrüsterverträge gehen weit über die Topliga in diesen Ländern hinaus. In Jamaika unterstützen wir intensiv die Jugendarbeit. Wir sponsorn die jamaikanischen Qualifikationswettbewerbe und die Jugendfestspiele. Wir rüsten die Nachwuchssportler mit Schuhen und Trikots aus, damit sie eines Tages erfolgreiche Sportler werden.

Das Gespräch führte Maurice Shahd.

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