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Wirtschaft: Der lange Abschied der Schering-Aktionäre

Berlin - Wer es bis zum Schluss aushält, der hat es meistens nicht eilig. Rund 250 verbliebene Aktionäre der früheren Schering AG waren am Mittwoch ins Berliner ICC gekommen, um ihre eigene Zwangsabfindung zu beschließen.

Berlin - Wer es bis zum Schluss aushält, der hat es meistens nicht eilig. Rund 250 verbliebene Aktionäre der früheren Schering AG waren am Mittwoch ins Berliner ICC gekommen, um ihre eigene Zwangsabfindung zu beschließen. Aber allzu leicht wollen sie dem Schering-Käufer Bayer den Abschied nicht machen. Es hagelte Kritik. „Bayer wollte hier den Schlussakkord spielen, jetzt tauchen eher Missklänge auf“, sagte Malte Diesselhorst von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). Bis zu 65 Detailfragen richteten einzelne Aktionärsvertreter an den Leverkusener Konzern, der Schering im vergangenen Juni für knapp 17 Milliarden Euro übernommen hatte. Die außerordentliche Hauptversammlung dauerte bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch an.

Bayer hat sich bereits 96,1 Prozent des Grundkapitals an der neuen Gesellschaft Bayer Schering Pharma gesichert. Die restlichen freien Aktionäre will Bayer für 98,98 Euro je Papier zwangsabfinden und so aus dem Unternehmen drängen. Das Aktienrecht erlaubt dieses so genannte Squeeze-out einem Käufer, der mehr als 95 Prozent des Grundkapitals hält. Die Minderheitsaktionäre müssen dem Antrag allerdings zustimmen.

Auf der außerordentlichen Hauptversammlung taten sie sich damit schwer. „Das ganze Verfahren ist kompliziert, intransparent und wenig fair für die Aktionäre“, kritisierte DSW-Vertreter Diesselhorst. Die Aktionäre seien zu spät über das Abfindungsangebot informiert worden, viele hätten ihre Aktien früher zu einem niedrigeren Preis verkauft. Im Übrigen könne von einer „freundlichen Übernahme“ nicht mehr die Rede sein. Vier Fünftel der erwarteten Einspareffekte kämen Bayer zugute, monierte Diesselhorst. „Es ist eine mit aller Härte durchgesetzte Übernahme.“ Das bekämen auch die Mitarbeiter zu spüren. Die Stimmung sei schlecht.

Bayer selbst sieht den Integrationsprozess auf gutem Weg, nannte aber keine Details zu dem Beitrag, den der Standort Berlin leisten muss. Mit Forschungsvorstand Marc Rubin wird Ende Januar der vorletzte Schering-Mann den Vorstand der Bayer Schering Pharma verlassen, wie Bayer bestätigte. Übrig bleibt nur noch Vertriebschef Ulrich Köstlin.

Deutliche Kritik übte auch Kai Weigert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Die Höhe der Enteignungszahlung sei „völlig inakzeptabel“. Wie die DSW kündigte auch die SdK ein Spruchstellenverfahren an. Damit kann überprüft werden, ob eine Abfindungszahlung angemessen ist. Für die Minderheitsaktionäre springt dabei in der Mehrzahl der Fälle erfahrungsgemäß eine höhere Entschädigung heraus. Weigert: „Dieses Squeeze-out wird für Bayer wesentlich teurer als heute noch erwartet.“ Das Pokern geht weiter.

Maren Peters

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