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Deutsche Spitzentechnologie: Der letzte Kampf um den Transrapid

Verkehrsminister Ramsauer will dem Transrapid weiter zum Durchbruch verhelfen - auch ohne direkte Haushaltsmittel. Doch nun ist der Bau der wichtigen Teststrecke im Emsland in Gefahr. Die Region fordert mehr Geld für die nötigen Investitionen.

Es klang wie eine dieser Win-Win-Situationen, als die Haushälter vergangene Woche über den Transrapid entschieden. Die Referenzstrecke für die Magnetbahn im emsländischen Lathen bleibt zwar erhalten, aber der Bund steigt aus der Finanzierung aus, lautete die Botschaft. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) musste nicht das Ende verkünden, die Haushälter sparten Geld und der Landrat im Emsland konnte die 60 Arbeitsplätze auf der Anlage erhalten. "Damit sind alle zufrieden", sagte die Haushaltspolitikerin Claudia Winterstein (FDP) dem Handelsblatt. Wenige Tage später ist niemand mehr zufrieden. "Es ist komplizierter, als es den Anschein hat", sagte Landrat Hermann Bröring dem Handelsblatt.

Dabei klingt alles so gut: 5,9 Mio. Euro investiert der Bund 2011 ein letztes Mal in die Anlage - 900 000 Euro sofort, den Rest, wenn der Vertrag zwischen dem Bund und dem Landkreis steht. Der soll vorsehen, dass Berlin bis 2013 insgesamt 40 Mio. Euro an den Landkreis überweist. So viel hat der Bund für den Rückbau der Anlage veranschlagt. "Wir werden das Gelände dem Landkreis übertragen", sagte Winterstein. Er habe damit "die Chance, die Teststrecke als Forschungsstandort für sich zu reklamieren." Der Bund sei "aus dem Geschehen raus" und der Landkreis könne selbst entscheiden, "wann er die Anlage zurückbaut".

Auch Ramsauer freute sich, die Last der Verantwortung nicht mehr tragen zu müssen: "Nun ist es an der Wirtschaft, die Voraussetzungen für eine weitere Vermarktung der Technologie zu erhalten", sagte er dem Handelsblatt. Die Strecke dem Landkreis zu übertragen - "gegebenenfalls unter Beteiligung der Wirtschaft - ist dafür eine sehr interessante Option".

Interessant vielleicht, teuer ganz sicher. Der Landrat bezweifelt, dass der Rückbau nur 40 Mio. Euro kostet. Vor einem Jahr habe er vom Verkehrsminister die Berechnung verlangt. "Auf das Gutachten warte ich heute noch", klagt Bröring. Auch reichten die 5,9 Mio. Euro nicht, um die Teststrecke zu dem umzubauen, was sie werden soll: einem "Kompetenzzentrum für Elektromobilität". Der Schalter lasse sich nicht einfach umlegen. Dazu seien die 5,9 Mio. Euro plus die 40 Mio. Euro, fordert Bröring. Das Land Niedersachsen zahle keinen Cent, sagt er.

Auch die 15 Unternehmen, darunter der Transrapid-Hersteller Thyssen-Krupp, der Fahrwegbauer Max Bögl oder Bombardier, wollen nicht ohne Zuschuss in das Elektromobilitäts-Zentrum investieren. Acht Forschungsprojekte soll die Anlage sichern helfen. Sie sind aber weder bewilligt noch beantragt. "Wir brauchen eine Projektfinanzierung des Bundes", fordert der Landrat.

Dank des Rummels um die Elektromobilität fördert der Bund die vermeintliche Zukunft mit Milliarden, so dass der Magnetzug in Lathen wohl Geld anziehen dürfte. Schwerer wiegt, dass die Haushälter nicht mehr in das Gelände investieren werden. Der Zug sollte schließlich schon längst stillstehen. Dieses Jahr flossen ein letztes Mal 4,9 Mio. Euro für den regulären Betrieb, weil Minister Ramsauer Exportchancen witterte. Getan hat sich indes wenig: Eine kleine Hoffnung in Brasilien, eine Machbarkeitsstudie auf der Ferieninsel Teneriffa, eine Vorstudie in Kuala Lumpur (Malaysia) und der feste Wille der Chinesen, eine zweite Strecke zu bauen. Dieser Erfolg kostete den Bund über die Jahrzehnte 1,5 Mrd. Euro.

Käme es doch noch zum Export, erhielte der Bund einmalig bis zu 100 Mio. Euro. "Nur wenn sich die Industrie mit Nachdruck für die Vermarktung des Transrapid einsetzt, können auch in Zukunft neue Strecken gebaut werden", mahnt Ramsauer. Dazu aber muss er mit dem Landrat den Vertrag schließen. Ansonsten lautet die Botschaft in die Welt: Deutschland verabschiedet sich vom Transrapid. Für die Chinesen wäre dies die Win-Situation: Sie wollen die Strecke in Schanghai zum Flughafen Hongquiao verlängern - wenn sie die Blaupausen erhalten.

Quelle: Handelsblatt

Daniel Delhaes

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