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Tablet-PCs mit Windows-8-Oberfläche: Das neue Betriebssystem von Microsoft konnte den Niedergang des PC-Markts nicht stoppen.

© dpa

Der PC-Markt bricht ein: Windows 8 kann den Markt nicht retten

Der Untergang des Personal Computer scheint besiegelt. Der technische Vorsprung zu den vielfältigen Mobilgeräten schmilzt zusammen und die Absatzzahlen brechen rasant ein. Windows 8 als vermeintlicher Retter hat ebenfalls versagt.

Seit Monaten kennt der Brancheninformationsdienst IDC bei den Absatzzahlen von PCs nur noch einen Trend. Und der zeigt nach unten, immer schneller, immer steiler. Die Technologie-Forscher haben in den ersten drei Monaten dieses Jahres erneut ein dickes Minus beim Absatz klassischer Rechner verzeichnet. Um 14 Prozent sank laut IDC der Absatz von Januar bis März dieses Jahres und damit das vierte Quartal in Folge. Konkurrent Gartner hat einen Rückgang von 11,2 Prozent ermittelt. Weltweit gingen nur noch 76.3 Millionen Rechner an Kunden. Das ist der stärkste Einbruch seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1994.

Über die Gründe für den erneuten Einbruch streiten sich nun Experten. IDC-Analyst Bob ÒDonnell sieht die Schuld für die Misere beim neuen Betriebssystem von Microsoft: „Es scheint klar, dass die Veröffentlichung von Windows 8 nicht nur dahingehend gescheitert ist, den PC-Markt anzukurbeln.“ Beim deutschen Branchenverband Bitkom sieht man das eher gelassen. „Wir haben eine veränderte Situation auf dem PC-Markt gegenüber früheren Jahren“, sagt Maurice Shahd dem Tagesspiegel. „Früher hat Microsoft ein Betriebssystem herausgebracht und alle haben neue Hardware gekauft. Diesen Automatismus gibt es nicht mehr“, sagt der Sprecher des Bundesverbandes der Informationswirtschaft.

PC wird aus den Wohnzimmern vertrieben

Der Innovationsdruck im PC-Bereich ist in den letzten Jahren in der Tat deutlich gesunken. War früher die Hardware sozusagen der Klumpfuß der Softwarebranche, so sind Prozessoren, Festplatten und Co. mittlerweile so schnell, dass nur noch Spezialsoftware die Technikpotentaten ernsthaft auf die Probe stellen kann. Die meisten Anwender haben vielleicht noch Bildbearbeitungsprogramme oder Videoschnittsoftware auf seinem Rechner, die den PC ernsthaft ins Schwitzen bringen könnten. Wer das nicht jeden Tag macht, der wartet im Zweifelsfall gerne auch mal eine Minute länger.

Das ist allerdings nur ein Grund für den Niedergang des PCs. Folgenschwer ist vor allem der Zusammenbruch des privaten Marktes. Hier vertreiben vor allem Tablets den PC aus den Wohnräumen der Konkurrenten. Zwar betont Bitkom-Sprecher Shahd, dass „es immer noch viele gute Gründe gibt einen Rechner im Haus haben.“ Doch die Luft wird immer dünner, weil die Tablet-PCs immer schneller und leistungsfähiger werden und fast jeder auch noch ein Smartphone in der Tasche hat. So reduzieren sich die Anforderungen für PCs in privaten Haushalten immer mehr auf Spezialanwendungen. Das Surfen und Entertainment wird zunehmend vom Tablet aus auf der Couch erledigt. Zudem übernehmen auch Smart-TV-Geräte immer mehr klassische Aufgaben des PCs. Wer mag sich da in seiner Freizeit noch hinter den Schreibtisch klemmen.

Keine Relevanz für Win 8 bei Tablets

Und hier ist die Revolution, die Windows 8 bringen sollte, eben ausgeblieben. „Windows 8 ist bei Tablet Computern der Angreifer. Derzeit beherrschen diesen Markt noch Apples iOS und Android“, erklärt Maurice Shahd von Bitkom. Daher würde er es nicht so drastisch sehen wie IDC-Mann ÒDonnell, der vor allem die bunten Kacheln und den Wegfall des Start-Buttons für die Misere verantwortlich macht. Aber auch mit Hilfe von zahlreichen neuen Geräten, vor allem dem hauseigenen Tablet Surface, und der angepassten Oberfläche hat Microsoft mit Windows 8 keine großartige Relevanz auf dem Tablet-Markt erreicht.

Seit dem Start von Windows 8 sind zahlreiche neue Geräte, wie dieses Ultrabook von Acer, auf den Markt gekommen. Viele davon auch mit Touchscreen um die neue Windows-8-Oberfläche besser bedienen zu können. Den Durchbruch haben sie bisher noch nicht geschafft.
Seit dem Start von Windows 8 sind zahlreiche neue Geräte, wie dieses Ultrabook von Acer, auf den Markt gekommen. Viele davon auch mit Touchscreen um die neue Windows-8-Oberfläche besser bedienen zu können. Den Durchbruch haben sie bisher noch nicht geschafft.

© Markus Mechnich

So oder so ist der Marktanteil, den sich das neue Betriebssystem von Microsoft im ersten halben Jahr seit der Veröffentlichung geholt hat, verschwindend gering. Nach Informationen des Branchendienstes Netmarketshare verharrt Windows 8 mit 3,2 Prozent sogar hinter dem ungebliebten Vista auf Platz vier. Auf dem zweiten Platz bei der Verbreitung auf Desktop-Rechnern findet sich immer noch das schon etwas altertümliche Windows XP mit 38,73 Prozent.

Sprung aufs Tablet missglückt

So verwundert es wenig, wenn auch Gartner-Analyst Mikako Kitagawa eine düstere Prognose für die PC-Branche abgibt. Nicht einmal in Entwicklungsländern sei noch ein starkes Wachstum beim Absatz klassischer Notebooks und Desktops zu erwarten. Der Siegszug von Smartphone und Tablets sei unaufhaltsam. Das trifft die klassischen PC-Hersteller am härtesten. Den US-Konzern Hewlett-Packard hat es mit 23 Prozent Absatzeinbruch besonders schwer getroffen, bei Dell und Asus sieht es aber ähnlich aus. Acer verzeichnete mit 30 Prozent Rückgang ein historisches Minus.

Aber auch der Softwaregigant Microsoft steht vor schwierigen Zeiten. Denn das Kerngeschäft des Unternehmens aus Redmond ist nachhaltig bedroht. „Microsoft muss einige schwere Entscheidungen für die Zukunft treffen“, stellt IDC-Analyst Bob ÒDonnell fest. Die sollten eigentlich mit Windows 8 schon getroffen worden sein. Denn mit dem Betriebssystem sollte eigentlich der Sprung aufs Tablet geschafft werden. Das scheint nur bedingt gelungen, wie der Marktanteil zwischen zwei und drei Prozent dokumentiert. Und wer auf den PC-Markt künftig angewiesen ist, der scheint dem Untergang geweiht. (mit dpa)

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