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Wirtschaft: Der Rubel-Fall hat nationale Gründe

Der Fall des Rubels stimmt ernst, aber ein Grund zur Panik besteht dennoch nicht: Das wirtschaftliche Gewicht Rußlands steht in keinem Verhältnis zu seiner geographischen Größe.Das russische Exportvolumen ist mit dem des kleinen Dänemarks vergleichbar.

Der Fall des Rubels stimmt ernst, aber ein Grund zur Panik besteht dennoch nicht: Das wirtschaftliche Gewicht Rußlands steht in keinem Verhältnis zu seiner geographischen Größe.Das russische Exportvolumen ist mit dem des kleinen Dänemarks vergleichbar.Zudem ist nun auch von China der Abwertungsdruck genommen.Das Land könnte sogar von der Abwertung des Rubels profitieren, falls nun auch die Weltenergiepreise fallen.Die Rubel-Abwertung wirkte sich zunächst auf die D-Mark aus - dennoch können die deutschen Banken etwaige Investitionsverluste gut verkraften.Und was internationale spekulative Fonds betrifft: Sie haben nie einen Hehl daraus gemacht, für große Gewinne auch beträchtliche Risiken in Kauf zu nehmen.

Die Rubel-Devaluierung sollte am besten als Widerspiegelung spezifisch russischer Probleme betrachtet werden.Zwar besteht immer die Gefahr weltweiter Kettenabwertungen, doch der Kursfall des Rubels wird wahrscheinlich weder der Globalwirtschaft noch den weltweiten Finanzstrukturen - nachhaltig - einen größeren Stoß zufügen.

Das eigentliche Problem ist das Fehlen einer nennenswerten finanziellen Struktur in Rußland.Die Institutionen, die sich selbst als Banken betrachten, sind hauptsächlich in Anlagespielchen mit ehemaligem Staatsbesitz verwickelt und haben stark in staatliche Anleihen investiert.Jene Bankmogule, von denen viele politische Machtansprüche hegen, wetteifern hinter den Kulissen mit dem Premierminister und Reformisten Sergej Kirijenko.Frühere Regierungen haben 360 Mrd.Rubel in staatlichen Anleihen angehäuft.Vor Jahresende muß ein Drittel davonausgezahlt werden.

Vor drei Wochen wußte Finanzminister Michail Zadornov noch nicht, wie er die Bankiers dazu bewegen könnte, die Rückzahlungen hinauszuzögern.Er selbst sowie der Vorstand der Zentralbank sahen als Lösung nur die Erhöhung der Geldvorräte.Inzwischen deutet alles darauf hin, daß die Regierung den Kampf gegen die Inflation verloren hat.Die Defizite werden wahrscheinlich durch die Inflation gedeckt; dadurch erhalten die Banken mehr Liquidität und werden der Regierung gegenüber noch unkooperativer als je zuvor.

In Wirklichkeit läßt die Duma den Premier in der Luft hängen; dessen Reformen werden von der kommunistischen Mehrheit zäh bekämpft.Auch die Bankmogule wehren sich, denn sie verdanken ihr Vermögen in erster Linie dem Erwerb von Staatsbesitz.Saftig verzinste Geldanleihen an die kränkliche Regierung sicherten ein zusätzliches Einkommen.Indes verspricht die Rückzahlung ausländischer Schulden schwierig zu werden.Trotzdem stehen die Chancen nun besser, daß die Banken ihre Anleihen überhaupt einlösen können.Vergangene Woche ließ Kirijenko aber zunächst die Rückzahlung der Staatsschulden für 90 Tage suspendieren.Dies wird hauptsächlich inländische Gläubiger treffen.Die Maßnahme alarmierte jedoch US-Wirtschaftsminister Rubin.Versäumnisse beim Ausgleich der Auslandsschulden würden die letzten Finanzierungsquellen Moskaus zum Versiegen bringen.

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