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Fäden ziehen. An Profispielern wie Ronaldinho (FC Barcelona) verdienen Berater besonders gut. Zehn Prozent des Jahresgehalts zum Beispiel. Verträge aushandeln, beraten – Vorkenntnisse bedarf es nicht, aber Kontakte und Geschäftssinn sind von Vorteil. Foto: ddp

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Wirtschaft: Der Spielmacher

Fußballberater kann jeder werden. Man braucht nur eine Lizenz – und eine gewisse Skrupellosigkeit

Wenn irgendwo auf der Welt ein begabter junger Fußballspieler von sich reden macht, muss Christian Stecher sich beeilen. Er muss seine Telefonnummer herausfinden, ihn anrufen und ihm erklären, warum er der Karriere des Spielers auf die Sprünge helfen kann. Warum er ihn an einen besseren Club vermitteln kann. Warum er genau der Berater ist, den der Spieler braucht. „Als Spielervermittler muss man vor allem schnell sein. Sowohl im Kopf als auch im Handeln“, so Stecher, der 33 Jahre alt ist und selbst erst seit gut zwei Jahren in diesem Beruf arbeitet.

Damit er schnell sein kann, hat Stecher weltweit elf Büros eingerichtet, darunter in Chile, Nigeria, Georgien und Polen. Seine Mitarbeiter vor Ort berichten ihm sofort, wenn sie einen Spieler entdeckt haben. Christian Stechers Beispiel zeigt, welch schnelle Karriere man als Spielervermittler hinlegen kann. Er verdient an jedem neuen Spieler, den er unter Vertrag nimmt – und zwar etwa zehn Prozent von dessen Jahresgehalt, bei Transfers zu anderen Vereinen noch einmal extra.

Etwa 300 lizenzierte Spielervermittler gibt es in Deutschland. Um diese Lizenz zu erwerben, muss man beim Deutschen Fußballbund (DFB) eine Prüfung ablegen, in der das Regelwerk des Weltfußballverbands Fifa, des DFB und des Ligaverbands abgefragt wird. Die Prüfung wird weltweit zeitgleich Ende März und Ende September jedes Jahres vom jeweiligen Nationalverband abgenommen. Weil man sich eigenständig auf die Prüfung vorbereiten muss und viele den Stoffumfang unterschätzen, fallen regelmäßig achtzig bis neunzig Prozent der Teilnehmer durch. Auch Christian Stecher ist beim ersten Mal durchgefallen. „Ich hab das unterschätzt und nur drei Tage gelernt“, gibt er zu.

Seit einigen Jahren bereiten jedoch einige Privatanbieter auf die Prüfung vor. Tom Eilers war 2006 der erste, der regelmäßig Vorbereitungskurse angeboten hat. Als Anwalt kennt er sich mit Paragraphen aus, und als ehemaliger Zweitligatorwart hat er diverse Kontakte im Fußball. In anderthalb Tagen macht er die Teilnehmer mit dem Stoff vertraut und konfrontiert sie mit Fragen, die so oder ähnlich auf sie zukommen werden: Wie wird ein Spieler aus Kamerun nach Deutschland transferiert? In welchem Zeitraum geschieht das? Wer muss welche Unterlagen zu wem schicken? „Zwei Ordner voll Papier“ müssen die Prüflinge bewältigen, so Eilers.

Haben sie die Lizenz dann in der Tasche, müssen die Spielerberater selbst sehen, was sie damit anfangen. „Die sind völlig auf sich gestellt“, sagt Eilers. Wie man erkennt, ob ein Fußballer genug Potenzial hat, wie man Kontakte zu Spielern knüpft oder vielleicht eine Agentur aufbaut, das lernt man im Vorbereitungskurs nämlich nicht. Viele schaffen es deshalb trotz Lizenz nicht, Fuß zu fassen. „Wenn man kein Netzwerk hat, sind die Chancen geringer. Aber es kommt trotzdem vor, dass die Leute das packen.“ Christian Stecher stimmt ihm zu: „Wenn man die Lizenz einmal hat, sind die Möglichkeiten besser, wichtige Leute kennen zu lernen.“

Auch juristische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse muss man nicht nachweisen, um zur Prüfung anzutreten – im Prinzip benötigt man noch nicht einmal einen Schulabschluss. Stecher findet eine gewisse Vorbildung aber unabdingbar. Er selbst hat Betriebswirtschaft studiert und verfügt zudem über ein juristisches Grundstudium. „Es gibt immer wieder Spielervermittler, die vorher in der Gastronomie oder als Friseur gearbeitet haben. Die machen dann Verträge, die gar nicht funktionieren können. Damit schaden sie den Spielern – und dem Ruf der Branche.“

Um den Ruf von Spielerberatern ist es ohnehin nicht gut bestellt. Sie gelten als halbseiden, wenn nicht gar kriminell – was der Wahrheit zum Teil auch entspricht. Die meisten Vermittler arbeiten ohne Lizenz, was aber eigentlich nicht erlaubt ist. „Die nehmen sich dann einen Anwalt als Strohmann, um ihr Geschäft abzuwickeln“, sagt Tom Eilers. Denn Anwälte und nahe Verwandte des Spielers können auch ohne Lizenz arbeiten. Dieses Schlupfloch macht es nahezu unmöglich, gegen schwarze Schafe vorzugehen.

Auch lizenzierte Spielervermittler müssen bereit sein, „Skrupel zu überwinden“, sagt Stecher. „Man muss anderen Kollegen ihre Spieler abjagen wollen. Man muss schon geil aufs Geschäft sein, denn es geht nun mal vor allem ums Geld verdienen.“ Biss müsse man haben, Schüchterne seien völlig fehl am Platz. „Meine erfolgreichen Kollegen haben gemeinsam, dass sie gerne und viel reden.“

Christian Stecher kommt aus einer Sportlerfamilie. Er hat Fußball in der Oberliga und noch erfolgreicher Tennis gespielt. Früher stand er oft auf Fußballplätzen und hielt Ausschau nach guten Spielern. „Heute kommt das leider immer seltener vor“, sagt er. In seiner Agentur hat er jetzt vor allem administrative Arbeit zu erledigen. Viel telefonieren, Kontakte zu Spielern und Vereinen pflegen, Verträge aushandeln, viel reisen, daraus besteht seine tägliche Arbeit.

Andere Spielervermittler haben eine andere Arbeitsweise. „Die Mehrzahl macht das nebenberuflich“, glaubt Tom Eilers. „Es gibt junge Leute, die machen ab und zu ein paar Deals mit 500 Euro. Das machen die eher aus Lust.“ Richtig lukrativ werde es allerdings erst mit Spielern ab der 2. Bundesliga. Christian Stecher schätzt sogar, dass die besten Spieler bei Beratern ohne Lizenz unter Vertrag sind. Schädlich für ihr eigenes Geschäft ist das nicht: „Wer den Star-Spieler hat, hat die Macht. Da kann der Berater auch ein Krimineller sein, die Vereine werden trotzdem mit ihm ins Geschäft kommen.“

Auch Christian Stecher hat mittlerweile berühmte Spieler unter seinen Fittichen, darunter den chilenischen Nationalspieler Roberto Cereceda. Wie viel er damit verdient, will er nicht verraten. Das meiste stecke er sowieso gleich wieder in die Firma. Nur so viel: „Ein gutes Leben ist schon drin.“

Anne Meyer

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