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Wirtschaft: Deutsche Firmen investieren im Ausland

Direktinvestitionen haben zum Jahresbeginn kräftig angezogen / DIHK warnt vor einer neuen Verlagerungswelle von Betrieben

Berlin (fo). Rund 50 000 Arbeitsplätze gehen jährlich in Deutschland verloren, weil die Unternehmen nach Angaben des Deutschen Industrie und Handwerkskammertages (DIHK) wegen der wachsenden Standortnachteile bevorzugt im Ausland investieren. Nicht nur Unternehmen wie der Chipkonzern Infineon, der sogar die Verlagerung der gesamten Unternehmensspitze prüft, sondern auch Mittelständler beschäftigten sich mehr und mehr mit dieser Frage, berichtete DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben am Montag in Berlin. Die Abwanderung ins Ausland gewinne derzeit eine „völlig neue Qualität“.

Fast ein Viertel der von den Kammern zum vierten Mal befragten 10 000 Unternehmen plane für die nächsten drei Jahre weitere Verlagerungen in andere Länder. Bei der letzten Umfrage sei es nur jede fünfte Firma gewesen. „Seit den neunziger Jahren beobachten wir den nachhaltigen Export von Arbeitsplätzen“, sagte Wansleben. Jüngste Erhebungen der Bundesbank stützen die These des Verbandes, dass die Unternehmen „wegen der hohen Steuer- und Abgabenlast, hoher Arbeitskosten und wegen des starren Arbeitsrechts“ verstärkt im Ausland investieren wollen. Damals kündigte ein Drittel aller Befragten an, seine Auslandsinvestitionen zu verstärken.

Laut Bundesbank war von 1999 bis 2002 das Volumen der deutsche Direktinvestitionen im Ausland vom Rekordwert 102 Milliarden Euro kontinuierlich auf 26 Milliarden Euro gesunken. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres betrugen die Auslandsinvestitionen aber schon wieder über 19 Milliarden Euro. Das könnte eine Trendwende signalisieren. Insgesamt sind deutsche Investoren inzwischen an 30 000 ausländischen Betrieben mit 2,4 Millionen Beschäftigten beteiligt. Das gesamte Investitionsvolumen in anderen Ländern betrug nach letzten verfügbaren Angaben der Bundesbank im Jahr 2000 gut 570 000 Milliarden Euro und war in den davor liegenden Jahren stetig gewachsen.

Nach Meinung des DIHK hat die Verlagerung jetzt allerdings eine andere Qualität gewonnen, weil die deutschen Unternehmen bislang vornehmlich in die Erschließung von Auslandsmärkten investieren. In der aktuellen Umfrage gäben aber 45 Prozent die Befragten Kostendruck als wichtigsten Grund für ihre Pläne an. Rund 38 Prozent nannten die Steuer- und Abgabenlast. Rechne man Kostendruck und Globalisierung zusammen, so ergeben sich laut DIHK etwa 90 000 Arbeitsplätze, die allein in diesem Jahr durch deutsche Firmen im Ausland und nicht im Inland geschaffen würden. Investitionsabsichten werden vor allem von der Industrie geäußert. Handel und Dienstleistungen wollen vor allem Vertrieb und Kundendienst durch ihre Investitionen ausbauen.

Wansleben forderte die Umsetzung der Agenda 2010 durch die Bundesregierung, die aber nur ein „wichtiger Einstieg“ in die Reformen sei. Kritik übte er an der erneuten Debatte über Substanzbesteuerung (Vermögen-, Erbschaftsteuer). Das treibe die deutschen Unternehmen noch mehr ins Ausland.

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