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Wirtschaft: Deutsche Maurer haben eine Zukunft (Kommentar)

Schock - grauenvoll - entsetzlich. Worte der Unfassbarkeit machen auf deutschen Baustellen die Runde.

Von Antje Sirleschtov

Schock - grauenvoll - entsetzlich. Worte der Unfassbarkeit machen auf deutschen Baustellen die Runde. Philipp Holzmann, einer der größten deutschen Baukonzerne, ist zahlungsunfähig. Nicht mal die Gehälter der 17 000 deutschen Mitarbeiter kann Holzmann überweisen. Wie schlimm, fragen sich die Männer in den Baugruben, steht es um die deutsche Bauwirtschaft, wenn jetzt nicht nur kleine Betriebe, sondern auch die ganz großen Konzerne Pleite sind?

Die Antwort ist so einfach wie schmerzlich: Auch die Bauindustrie reiht sich in die Gruppe der Branchen ein, die am Standort Deutschland nur dann eine Zukunft erwartet, wenn sie die Erfordernisse der Gegenwart erkennt - und darauf reagiert. Längst wissen die Menschen vor Ort, dass es keinen deutschen Bau-Markt mehr gibt. Die Stimmen- und Kulturvielfalt am Postdamer Platz und an den Autobahnen im ganzen Land beweisen, dass Europa die Branche erfasst hat.

Die Globalisierung verschont auch jene Industrien längst nicht mehr, die auf den ersten Blick handwerklich und lokal bezogen agieren. Wer die traditionsreichen und glanzvollen Namen hierzulande nicht dem Verfall - wie bei Holzmann - oder der Übernahme preisgeben will, muss sein Geschäft so ausrichten, dass auch im Hochlohnland Deutschland Bauarbeiter sichere Jobs haben. Erweiterung der Dienstleistungen rund um den Mauermörtel, Auslandsgeschäfte, die Spezialisten fordern, sind nur zwei der Chancen. Mit staatlichen oder tarifpolitischen Schutzwällen, die Bauarbeiter vor dem Trend bewahren sollen, darf niemand auf die Holzmann-Pleite antworten. So nämlich würde die Schockperiode der Menschen bloß verlängert.

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