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Wirtschaft: „Deutsche Winzer pokern nicht“ Weinhändler Mauer über Preise und Trends

Herr Mauer, die Winzer klagen über eine schlechte Ernte. Was bedeutet das für die Preise im Handel?

Herr Mauer, die Winzer klagen über eine schlechte Ernte. Was bedeutet das für die Preise im Handel?

Qualitativ war die Ernte in Europa ja gar nicht schlecht, auch wenn es kein Spitzenjahrgang ist. Kritisch ist die Menge. Einige Betriebe im Spitzensegment produzieren 30 Prozent weniger als im Durchschnitt. Das ist ein Problem. Es wird Preisanpassungen geben, die werden sich aber lediglich um die fünf Prozent bewegen. Dazu muss man sagen, dass die Preise in den vergangenen Jahren sehr stabil gewesen sind.

Wie viel Geld muss man denn für eine gute Flasche Wein ausgeben?

Gut ist natürlich relativ. Ein Mercedes ist ein gutes Auto, ein VW Polo aber auch. Für den Hausgebrauch, also für Menschen, die einfach lieber Wein als Bier trinken, empfehle ich Weine der Kategorie „Gutswein“. Die kosten zwischen acht und zwölf Euro. Für einen trockenen deutschen Spitzenwein muss man 25 bis 30 Euro anlegen.

Werden Kunden mehr ausländische Weine kaufen, wenn die deutschen teurer werden?

Das könnte passieren. Denn die fehlende Menge wird sich vor allem bei Kellereiweinen und im Basisbereich bemerkbar machen.

Welche Gebiete könnten profitieren?

Da die Problematik dieses Jahrgangs ganz Europa betrifft, werden es vor allem die Anbieter aus Übersee sein, wie Südafrika und Südamerika. Die können günstiger anbieten, weil sie ganz andere Kostenstrukturen haben. Allerdings glaube ich nicht, dass Kundenpräferenzen sich in einem Jahr massiv ändern.

Können die Weine aus Südafrika oder Südamerika qualitativ mithalten?

Es gibt auch in diesen Ländern Betriebe, die nach handwerklicher Tradition arbeiten, aber industrielle Erzeuger dominieren. Allerdings muss man sagen, dass deutsche Weine im internationalen Vergleich immer noch preiswert sind.

Woran liegt das?

Deutsche Winzer pokern nicht. Das ist nicht überall so. Nehmen Sie das Beispiel Bordeaux. Dort ist es seit 1855 gelungen, eine starke Herkunftsmarke und ein Anbietermonopol aufzubauen. So können sie heute eine Flasche Grand Cru Classé zu Stückkosten von zwölf bis 15 Euro für mehr als 300 Euro verkaufen.

Wo kaufen die Berliner ihren Wein?

In Berlin werden im Jahr um die 120 Millionen Flaschen verkauft, weniger als zehn Prozent davon im Weinhandel, der Rest kommt aus dem Supermarkt.

Was ist am meisten gefragt?

Eindeutig der Riesling. Der wird immer beliebter.

Georg Mauer

hat Weinbau in Geisenheim studiert. Seit mehr als 30 Jahren arbeitet er bei Wein & Glas Compagnie in Berlin-Wilmersdorf. Das Gespräch führte Corinna Visser.

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