zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Die Anleger fassen wieder Vertrauen. Bei hohen Risiken und großen Kursschwankungen sollten Einsteiger dennoch langsam starten

Chris Palmer ist zufrieden. Sein Kalkül ist aufgegangen.

Chris Palmer ist zufrieden. Sein Kalkül ist aufgegangen. Schon vor Monaten hatte der Anlageexperte die Position von Samsung Electronics deutlich aufgestockt - ungeachtet des hohen Preisdrucks in der Halbleiterindustrie und anhaltender Turbulenzen an den asiatischen Aktienmärkten. Die Entscheidung erwies sich als goldrichtig. Allein seit Mitte Juni dieses Jahres hat sich der Kurs des südkoreanischen Elektronikkonzerns mehr als verdoppelt. "Wer vorne mitmischen will, muss antizyklisch investieren", ist der in London tätige Senior Fund Manager der Investmentgesellschaft Gartmore überzeugt.

Seine Strategie verfolgt er konsequent. Als etwa eine Woche nach dem Erdbeben in der Türkei der Handel an der Aktienbörse in Istanbul wieder aufgenommen wurde, fielen die Kurse auf breiter Front. Die Marktteilnehmer bezweifelten, dass sich das Land - auch in wirtschaftlicher Hinsicht - auf absehbare Zeit von dem Schock erholen würde. "Wir standen auf der Käuferseite", berichtet Palmer, "und wenn mich nicht alles täuscht, könnte das eines der profitabelsten Investments der vergangenen Monate gewesen sein." Das Erdbeben wird seiner Meinung nach nur begrenzte Auswirkungen auf die Konjunktur und die Leistungsbilanz der Türkei haben. Erste Schätzungen beziffern den Wachstumsverlust des Landes auf 1,5 Prozentpunkte. "Im nächsten Jahr wird der Wiederaufbau aber die Binnennachfrage und das Wachstum ankurbeln", so der Fondsmanager. Palmer zählt zu den erfolgreichsten Anlagespezialisten für die aufstrebenden Märkte der Welt, die sogenannten Emerging Markets. Das beweist ein Vergleich der Wertentwicklung von Schwellenländer-Fonds: Mit großem Abstand führt der Gartmore CSF Emerging Markets die Performance-Rangliste an. Wer vor drei Jahren in diesen Fonds investierte, erzielte ein Plus von rund 60 Prozent. "Gegenüber den Industrieländern werden die Aktien vieler Schwellenländer nach wie vor mit deutlichen Abschlägen gehandelt. Für langfristig orientierte Anleger bieten sich daher gute Einstiegschancen", so die Zwischenbilanz von James Graham-Maw von Foreign & Colonial, London. Der Fondsberater des Hypo New Horizon sieht mehrere Gründe für eine Fortsetzung des Aufschwungs. So profitierten die Emerging Markets zum Beispiel überdurchschnittlich von der Erholung der Rohstoffpreise. Wettbewerbsvorteile ergäben sich durch die niedrigen Wechselkurse. Eine steigende Nachfrage nach Produkten aus den Schwellenländern sei auch durch die Stabilisierung in Japan und die Belebung der Konjunktur in Westeuropa zu erwarten. "Natürlich gibt es weiterhin länderspezifische Risiken", räumt Graham-Maw ein. In China beispielsweise kämpfe die Regierung bisher erfolglos gegen die Deflation. Eine Spirale aus Konsumverzicht, Preisverfall und Firmenpleiten sei die Folge. "Auch ist nicht abzusehen, ob es zum Jahreswechsel tatsächlich zu Umstellungsproblemen in der Computerwelt und infolgedessen zu Turbulenzen an den Finanzmärkten kommt", gibt Mercury-Fondsmanager David Soden zu bedenken.

Gute Nerven sollten Anleger in diesem Aktiensegment in jedem Fall mitbringen. Die Kursschwankungen und damit auch die Verlustrisiken sind extrem hoch. Welche Kurs-Achterbahn die Schwellenländer hinter sich haben, zeigt der Rückblick: Zu Beginn des Jahrzehnts löste der Golfkrieg einen empfindlichen Rückschlag aus. 1991 startete dann eine Welle der Euphorie, wodurch sich die Kurse bis 1993 verdreifachten. 1995 kam es durch die Mexikokrise zu einem heftigen Abschwung. Die folgende Erholung wurde 1997 und 1998 durch die von Südostasien ausgehende Krise wieder zunichte gemacht. Gegenwärtig stehen die Märkte auf der Gewinnerseite: So kletterte der von Morgan Stanley Dean Witter ermittelte Aktienindex MSCI Emerging Markets seit Jahresbeginn um mehr als 30 Prozent. "Wir erwarten, dass sich die Aktienbörsen der Schwellenländer auch in den nächsten Jahren besser entwickeln werden als die der Industrieländer", betont Barthold Sauveur, Deutschland-Geschäftsführer der Investmentgesellschaft Flemings. "Die Talsohle ist definitiv durchschritten", ergänzt Douglas Polunin, Leiter des Emerging-Markets-Teams von Pictet & Cie. Zu den Schwergewichten im Pictet T.F. Emerging Markets Fund zählen derzeit vor allem Aktien aus der Stahl-, Papier- und Chemiebranche. Der Fonds sichert keine Währungsrisiken ab, weil sich dies auf Grund hoher Kosten häufig als kontraproduktiv erwiesen habe, so Polunin. Bei der Auswahl der Aktien verfolgt das Management den "Bottom-up-Ansatz". Die Anlagestrategie ist somit in erster Linie auf günstig bewertete Unternehmen - nicht auf Länder oder Regionen - ausgerichtet.

Bei Foreign & Colonial setzt man dagegen primär auf den Länderansatz ("Top down"). Zu den favorisierten Aktienmärkten in Asien zählen gegenwärtig etwa Malaysia, Singapur und Korea. In Lateinamerika bevorzugen die Londoner Mexiko und Brasilien. "In Mexiko könnte es zwar im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen zu Turbulenzen am Aktienmarkt kommen. Die steigenden Preise für Öl und Kupfer sorgen jedoch weiterhin für Kursauftrieb", meint Anlageexperte Graham-Maw.

In einem Punkt sind sich die Geldprofis im Übrigen einig: Wer in Schwellenländer-Fonds investiert, sollte die Fondsanteile möglichst nach und nach erwerben. Auf diese Weise profitiert der Anleger vom "Cost-Average-Effekt" (Kauf zu Durchschnittskosten).

Sandra Schuffelen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false