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Wirtschaft: Die Berliner Kindl Brauerei steckt in der Klemme

BERLIN (alf).Die Berliner Kindl Brauerei steckt in der Klemme zwischen Billigbieren und den Premiummarken.

BERLIN (alf).Die Berliner Kindl Brauerei steckt in der Klemme zwischen Billigbieren und den Premiummarken.Auf einem schrumpfenden Markt seien die sogenannten Konsumbiermarken, zu denen auch Kindl zählt, "eindeutig die Verlierer", sagte Kindl-Vorstand Jochen Sievers am Donnerstag anläßlich der Bilanzvorlage."Der Druck kommt von oben und unten." Anfang der 90er Jahre habe man sich noch über einen "strahlend blauen Bierhimmel über Berlin" gefreut, inzwischen sei dieser "pechschwarz", meinte Sievers.Doch nicht nur im Kernmarkt der Brauerei wird weniger getrunken.Deutschlandweit ist Sievers zufolge der Bierkonsum in den vergangenen zehn Jahren um zwölf auf 100 Mill.Hektoliter gesunken.Aus diesem ständig schrumpfenden Kuchen hätten sich ferner die Billiganbieter (Marktanteil inzwischen bei 25 Prozent) sowie die zehn großen Premiummarken (35 bis 40 Prozent Marktanteil) immer größere Stück rausgeschnitten.

Vor diesem Hintergrund bewertete Sievers das Geschäftsergebnis 1998 als "ausreichend".Absatz, Umsatz und Gewinn fielen allerdings deutlich schwächer aus als im Jahr zuvor.Die Strategie, über Preiserhöhungen mengenmäßige Absatzrückgänge zu kompensieren, werde Kindl auch in diesem Jahr nicht fahren: "Die Preise bleiben wie sie sind", sagte Sievers.Dabei begann das Jahr schlecht: Das Absatzminus in den ersten vier Monaten liegt bei knapp sechs Prozent.Kindl belasten unter anderem die Einbußen in der Gastronomie: In den Kneipen wird 15 bis 20 Prozent weniger Kindl getrunken als vor Jahresfrist.

Die Bierlust der Deutschen wird sich nach Sievers Einschätzung weiter abschwächen.Gegenwärtig trinkt der Durchschnittsdeutsche 127 Liter im Jahr, Belgier und Holländer kommen auf 100 beziehungsweise 80 Liter, der Franzose trinkt nur 30 Liter Gerstensaft.Im Rahmen eines "europäischen Angleichungsprozesses", so Sievers, werde sich der deutsche Konsum reduzieren.Bei Überkapazitäten von derzeit 40 bis 50 Prozent in der Bundesrepublik gebe es für viele Brauereien "keine Überlebenschance".Mehr als die Hälfte der deutschen Brauunternehmen schreibt Sievers zufolge im operativen Geschäft rote Zahlen.Sein eigenes Unternehmen, das zu 94,6 Prozent der Binding-Brauerei/Oetker-Gruppe gehört, sieht Sievers dabei auf der sicheren Seite.Insbesondere wegen der Markteinführung des Jubiläums Pilsener vor zwölf Jahren.Diese Marke komme bereits auf einen Anteil von 40 Prozent am gesamten Kindl-Absatz, bei steigender Tendenz.Mittelfrist soll doppelt soviel Jubiläums Pilsener gebraut werden wie derzeit.Im übrigen profitiere Kindl von der Wende: In den neuen Bundesländern gebe es eine "gute Expansion".Dafür investierte die Brauerei 1998 allerdings auch 20 Mill.DM in Marketing und Werbung, nach 17 Mill.DM im Vorjahr.Insgesamt gibt die deutsche Bierbranche rund 680 Mill.DM/Jahr für klassische Bierwerbung in den Medien aus, dazu kommen nach Sievers Schätzung weitere 400 bis 500 Mill.DM Sponsoring-Ausgaben.

Die Berliner Kindl Brauerei AG wurde 1872 gegründet.1990 erwarb das Unternehmen die Brauerei Potsdam GmbH mit der Marke Potsdamer Rex Pils.Kindl beschäftigte Ende letzten Jahres 500 Mitarbeiter; Ende 1999 werden es voraussichtlich noch 475 sein.

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