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Protektionismus: Die Bundeskanzlerin will die Konzerne schützen

Die Bundesregierung beansprucht mehr Mitsprache beim Einstieg ausländischer Staatsfonds bei deutschen Konzernen. Für den Herbst ist ein Vorschlag der CDU dazu angekündigt.

Die Bundesregierung will deutsche Unternehmen stärker vor unerwünschten ausländischen Investoren schützen. „Der CDU-Bundesvorstand wird im Herbst einen Vorschlag für eine rechtliche Umsetzung machen“, kündigte die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel im Handelsblatt mit Blick auf ausländische Staatsfonds an. Deren Versuche, sich in deutsche Schlüsselbranchen einzukaufen, könnten auch politische Motive haben. „Hier dürfen wir nicht naiv sein.“ Merkel betonte, dass dieser Vorstoß nicht mit einer generellen Investitionsbeschränkung verwechselt werden dürfe.

Derzeit wird in vielen westlichen Industriestaaten überlegt, ob und wie die Politik auf Investitionen milliardenschwerer staatlicher Fonds etwa aus China, Russland oder den arabischen Ölstaaten reagieren sollte. In Deutschland hatten vor allem Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder die Diskussion angestoßen. Auch Bayer-Chef Werner Wenning forderte eine nationale Kommission zur Abwehr unerwünschter staatlicher Investoren.

Ausdrücklich verteidigte Merkel, dass sich die Bundesregierung auch über den Einstieg privater Investoren bei deutschen Unternehmen Gedanken mache. Deutschland gehe damit keinen Sonderweg, betonte die Kanzlerin und verwies auf wesentlich restriktivere Gesetze etwa in Frankreich, den USA oder Russland. Es müsse geprüft werden, ob deutsche Kontrollmechanismen an internationale Geflogenheiten angepasst werden müssten. In den USA etwa würden Übernahmen von Medienkonzernen verhindert, „egal aus welchem noch so freien Land der Investor kommt“, sagte Merkel. „Deshalb ist für mich die Gegenseitigkeit ein entscheidendes Element, auf das wir in Zukunft stärker achten werden.“

Es gehe darum, einen Ordnungsrahmen zu schaffen, der andere ermutige, ihre Märkte zu öffnen. „Es kann nicht sein, dass einige dies vorleben und andere immer größere Hürden aufrichten.“ Konkrete schützenswerte Branchen wollte Merkel nicht nennen, nahm aber den Bankensektor ausdrücklich aus. „Staatliche Eingriffe in Eigentumsrechte erfordern eine besonders schwerwiegende Rechtfertigung, die ich im Finanzsektor nicht sehe.“ Damit stellt sie sich gegen entsprechende Vorschläge von Steinbrück.

Zugleich bekannte sich die Bundeskanzlerin zu einer verstärkten europäischen Debatte über Industriepolitik. Dies fordert etwa auch der französische Präsident Nicolas Sarkozy. „Wir müssen diese Diskussion nicht nur in Deutschland, sondern zugleich auch im europäischen Rahmen führen“, sagte Merkel. Ein „Flickenteppich“ an national unterschiedlichen Regelungen wäre auf die Dauer nur der zweitbeste Weg für Europa. Merkel betonte gleichzeitig, dass die Bundesregierung damit nicht den Kurs verlasse, prinzipiell für sinkende Investitionsschranken in Europa und weltweit zu werben. „Wir haben uns auch nicht von der Privatisierungspolitik bei der Telekom oder der Post verabschiedet.“

Zugleich bekannte sich die Kanzlerin zu dem auch von Frankreich favorisierten Modell „europäischer Champions“ in der Wirtschaft. „Auf globalen Märkten sind sie die einzige Möglichkeit, dass Europa im Spiel bleibt“, sagte Merkel. Zugleich wies sie die Forderung Sarkozys nach einer stärkeren politischen Steuerung der Europäischen Zentralbank (EZB) zurück. Die Unabhängigkeit der EZB sei Grundlage für die Akzeptanz des Euro. „Deshalb gibt es hier keinen Bewegungsspielraum.“ ink/bz (hb)

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