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Wirtschaft: Die Firmen versprechen mehr Lehrstellen

Unternehmen wollen in diesem Jahr 4000 Auszubildende mehr einstellen / Die Gewerkschaften glauben nicht daran

Berlin - Die Wirtschaft will in diesem Jahr nach eigener Aussage deutlich mehr Lehrstellen anbieten als im Vorjahr. Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage soll deutlich schrumpfen. Nach einer Umfrage des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln soll die Zahl der Angebote um rund 4000 höher liegen als 2005 – ein Zuwachs von 0,8 Prozent. Damals fanden 28 300 Bewerber keine Lehrstelle. Die Bundesagentur für Arbeit geht bisher davon aus, dass in diesem Jahr sogar 31 000 Lehrstellen fehlen werden.

„Wir erwarten eine Verkleinerung der Lehrstellenlücke zum Vorjahr“, sagte dagegen IW-Direktor Michael Hüther in Berlin. Vor allem im produzierenden Gewerbe und in der Braubranche sollen neue Ausbildungsplätze entstehen. Ein Drittel der befragten mittelgroßen Betriebe kündigte an, mehr Lehrstellen anzubieten. „Das gesamte Ausbildungsangebot wird sich voraussichtlich auf Vorjahresniveau bewegen“, sagte Hüther. Zugleich seien aber Ende August bei der Bundesagentur für Arbeit 0,2 Prozent weniger Bewerber registriert worden als 2005. In seiner Umfrage hatte das IW etwa 700 Unternehmen in Deutschland befragt.

Der 2003 zwischen Bundesregierung und Wirtschaftsverbänden geschlossene Ausbildungspakt wird laut IW auch 2006 wieder eingehalten. „Bereits Ende August waren bei Handels- und Handwerkskammern 43 000 neue Ausbildungsverträge registriert“, sagte der Direktor des Instituts. Der Pakt sieht vor, dass die Unternehmen jährlich 30 000 neue, aber nicht zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen sollen.

Auch in Berlin soll es in diesem Jahr wieder mehr Ausbildungsplätze geben. Ende August habe die IHK rund 7600 Plätze registriert und damit 8,5 Prozent mehr als im Vorjahr, sagte IHK-Präsident Eric Schweitzer am Donnerstag. Damit liege Berlin „deutlich über dem Bundesdurchschnitt“.

Die Prognosen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und der Bundesagentur für Arbeit zur Ausbildungssituation fallen wesentlich düsterer aus. Noch Ende August hatte die Vizechefin des DGB, Ingrid Sehrbrock, von 40 000 Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz gesprochen. Die tatsächliche Zahl der Bewerber ohne reguläre Stelle bezifferte sie sogar auf 140 000. „Wir haben keinen Grund zur Annahme, dass es zu einer Trendwende kommt“, sagte Hermann Nehls, Bildungsexperte des DGB, am Donnerstag. Allein für Berlin befürchtet der Gewerkschaftsbund in diesem Jahr eine Lücke von 10 000 Stellen.

DGB-Chef Michael Sommer hatte erst kürzlich ein Sofortprogramm zur Schaffung von 50 000 außerbetrieblichen Plätzen gefordert. In Berlin hat nur jeder zweite Lehrling einen betrieblichen Ausbildungsplatz. Sommer hatte angeregt, den prognostizierten Milliardenüberschuss der Bundesagentur für Arbeit zur Finanzierung des Programms zu verwenden. „Wir brauchen keine neuen Instrumente zu erfinden“, sagte dagegen IW- Chef Hüther. Es gäbe bereits genügend Betriebe, die über Bedarf ausbildeten.

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