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Wirtschaft: Die Haffa-Brüder können mit Bewährung rechnen Gericht will am Dienstag Urteil im EM.TV-Prozess verkünden

München (nad). Im Prozess gegen die Gründer des Medienunternehmens EM.

München (nad). Im Prozess gegen die Gründer des Medienunternehmens EM.TV, Thomas und Florian Haffa, hat die Staatsanwaltschaft Bewährungsstrafen von jeweils acht Monaten und eine Geldbuße in Millionenhöhe gefordert. Die Verteidigung plädierte dafür, die Brüder freizusprechen. Das Urteil in dem seit knapp einem halben Jahr andauernden Prozess wird für Dienstag erwartet. Prozessbeobachter gehen von einer milden Strafe aus.

Die Haffas hätten den Kurs der EM.TVAktie durch die Veröffentlichung falscher Halbjahreszahlen im August 2000 bewusst manipuliert, sagte Staatsanwalt Peter Noll am Montag in seinem Plädoyer vor dem Münchener Landgericht. Daher gehe er von einer Straftat und nicht bloß von einer Ordnungswidrigkeit aus. Nolls Überzeugung nach hatte das Brüderpaar in der Pflichtmitteilung gegen die Bilanzregeln verstoßen und die Umsätze der Firma deutlich zu hoch ausgewiesen. Bei dem Zahlenwerk habe es sich um einen „Obstsalat“ gehandelt, bei dem verschiedene Zahlen unzulässigerweise zusammengezählt worden seien. So seien für den Konzern EM.TV 60 Millionen Mark, für die US-Tochter Jim Henson Company („Muppet-Show“) 31 Millionen Mark und für die Beteiligung an der Formel 1 drei Millionen Mark zu viel in die Halbjahresbilanz eingestellt worden. Noll bezweifelte zudem, dass ein 60-Millionen-Mark-Vertrag mit Leo Kirch über das Gemeinschaftsunternehmen Junior TV, den EM.TV in die Bilanz einrechnete, zum damaligen Zeitpunkt überhaupt existierte.

„Die veröffentlichten Halbjahreszahlen waren in wesentlichen Teilen objektiv falsch. Die Angeklagten wussten und wollten dies“, ist Noll überzeugt. Der Staatsanwalt hielt den Haffas zugute, dass sie ihre Schuld zumindest in Teilen eingeräumt hätten. Bei der Bemessung der Strafe sei allerdings auch die Bedeutung von EM.TV im deutschen Wirtschaftsleben zu berücksichtigen. „Wir reden hier nicht von einer kleinen Klitsche, wir reden von einem, wenn nicht dem Marktführer am Neuen Markt“, sagte Noll. Wenn ein solches Unternehmen der Öffentlichkeit so „krass falsche Zahlen“ präsentiere, wirke sich das negativ auf das gesamte Geschehen an der Börse aus. „Das Vertrauen in den deutschen Kapitalmarkt ist aufs Äußerste erschüttert“, betonte Noll.

EM.TV hatte die umstrittene Pflichtmitteilung vom August 2000 gut sechs Wochen später korrigiert, woraufhin die EM.TV-Aktie ins Bodenlose fiel. Durch den starken Kursverfall hatten zahlreiche Anleger ein Vermögen verloren. Den Komplex, wonach die Haffas auch wegen überhöhter Gewinnprognosen für das Jahr 2000 angeklagt werden sollten, stellte das Gericht am Montag auf Antrag des Staatsanwalts ein. Noll wies darauf hin, dass alle Beteiligten interessiert seien, das Verfahren abzuschließen.

Thomas Haffas Anwalt Rainer Hamm sagte, dass die Verteidigung bei dem bevorstehenden Urteil nicht einmal von einer Ordnungswidrigkeit ausgehe. Schließlich hätten die Haffas die Zahlen nicht auf Druck der Öffentlichkeit, sondern von sich aus korrigiert. Dies spreche für die Unschuld der Angeklagten. „Wer selbst korrigiert, wollte nicht täuschen, sondern einen vorherigen Irrtum beheben“, sagte er. Hamm wie auch Florian Haffas Verteidiger Sven Thomas plädierten daher auf Freispruch.

Eine Haftstrafe müssen die Haffa-Brüder nicht befürchten. Zu einer Geldbuße können sie nur verurteilt werden, wenn nachgewiesen ist, dass sie die Absicht hatten, direkt auf den Aktienkurs einzuwirken. Im schlimmsten Fall müssen die Haffas 1,5 Millionen Euro zahlen.

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