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Wirtschaft: Die Jagd nach Millionären wird schwieriger

Die großen Vermögen schrumpfen weltweit – Großbanken fürchten um ihre besten Kunden

Frankfurt (Main) (rob/po/HB). Es sah alles so gut aus: Jahr für Jahr stieg die Zahl der Millionäre, die Aktienhausse schien nicht enden zu wollen, Gründer von HightechFirmen gingen mit ihren Unternehmen an die Börse und hatten plötzlich viel Geld. Die Vermögensverwaltung verzeichnete weltweit einen Boom ungeahnten Ausmaßes. „Jeder wollte dabei sein“, beschreibt Nicolas Moreau, Chief Executive Officer von Axa Investment Managers, die damalige Situation.

Auch in Deutschland entdeckten die in- und ausländischen Banken plötzlich die Reichen und Superreichen und buhlten mit alteingesessenen Privatbanken wie Berenberg und Metzler um die Gunst dieser Klientel. Inzwischen ist jedoch Ernüchterung eingekehrt. Teilweise wird die individuelle Vermögensverwaltung wieder zurückgefahren. Alle versuchen, die Kosten zu drücken.

Eine Studie der Boston Consulting Group hat die Situation weltweit offen gelegt: In den reichen Haushalten (Vermögen über 250 000 US-Dollar) schrumpften allein im Jahr 2001 die Vermögen um 2,6 Billionen Dollar. Insgesamt waren es aber immer noch rund 60 Billionen Dollar. Doch auch die meisten Anbieter standen im vergangenen Jahr unter Druck. Sie mussten laut Boston Consulting noch nie dagewesene Ertragseinbußen hinnehmen – im Durchschnitt 49 Prozent. Sogar bei führenden Anbietern waren überraschend geringe Fortschritte im Kostenmanagement feststellbar. Die Einnahmen fielen um elf Prozent, die Kosten stiegen aber trotzdem um ein Prozent.

Generell sind rückläufige Margen wegen sinkender Management-Gebühren und Umschichtungen in risikoärmere Produkte mit niedrigeren Margen festzustellen. Der Bereichsvorstand der Hypo-Vereinsbank (HVB), Peter Ermann, rechnet mit einer durchschnittlichen Provision von 0,65 Prozent über das gesamte Anlagevermögen. In guten Jahren seien es 0,8 Prozent gewesen, sagte er im Gespräch mit dem Handelsblatt. Kleine, unabhängige Privatbanken in der Schweiz mussten nach den Berechnungen des Beraters Ertragsrückgänge von durchschnittlich 43 Prozent hinnehmen.

Der Zwang zum Sparen hinterlässt auch bei der deutschen Konkurrenz Spuren. Nachdem Morgan Stanley noch im Januar den Startschuss für das Vermögensverwaltungsgeschäft in Deutschland gegeben hatte, wird die Mannschaft inzwischen wieder verkleinert. Rund 20 Berater aus dem Bereich Private Banking verlieren ihren Job. Auch Merrill Lynch hat sich von seinen hochfliegenden Ausbauplänen verabschiedet. Auch um Credit Suisse ist es ruhiger geworden.

Dagegen sehen heimische Großbanken die aktuelle Situation als Chance, sich im Geschäft mit Reichen und Superreichen besser aufzustellen. Schließlich gibt es nach Berechnungen der Unternehmensberatung Cap Gemini Ernst & Young trotz allem 365 000 Deutsche mit einem Geldvermögen von über einer Million Euro. Zudem suchen Marktschätzungen zufolge 320 000 kleine und mittelständische Unternehmer einen Nachfolger. Das dürfte in vielen Fällen Geld bringen.

Für die Hypo-Vereinsbank ist die Situation klar: „Wir haben in diesem Jahr angefangen, uns ganzheitlich um die Kunden im Vermögens-Management zu kümmern und alle Produkte rund um die Vermögensverwaltung anzubieten. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, sagt Ermann. In den ersten neun Monaten seien rund 600 neue Kunden geworben worden, die 1,4 Milliarden Euro an frischem Kapital mitgebracht hätten. In der Vermögensverwaltung der Bank-Gruppe liegen insgesamt über zehn Milliarden Euro. Die Commerzbank verwaltet beispielsweise rund 8,6 Milliarden Euro. Insgesamt ist der Markt bislang zersplittert. Nach einer Untersuchung von Cap Gemini kommen die vier Großbanken Deutsche, Dresdner, Commerzbank und HVB zusammen nur auf einen Marktanteil von 20 Prozent.

In der heutigen Situation hat Ermann neue Anforderungen der Kunden ausgemacht. Auf Grund der gestiegenen Nervosität suchten immer mehr Anleger sichere Anlageprodukte mit hoher Rendite. Die Risikoaversion nehme deutlich zu. Die Investoren forderten eine professionellere Begleitung durch die schwierige Zeit.

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