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Wirtschaft: Die Kapitallebensversicherung ist ein Auslaufmodell

Die Erträge aus Kapitallebensversicherungen (siehe Lexikon) sollen nach dem Willen der Bundesregierung von 2005 an nicht mehr steuerfrei sein. Mit der Regelung, die nur für neue Verträge gilt, verliert die Lieblingsversicherung der Deutschen nach Meinung von Experten ihre Existenzberechtigung.

Die Erträge aus Kapitallebensversicherungen (siehe Lexikon) sollen nach dem Willen der Bundesregierung von 2005 an nicht mehr steuerfrei sein. Mit der Regelung, die nur für neue Verträge gilt, verliert die Lieblingsversicherung der Deutschen nach Meinung von Experten ihre Existenzberechtigung. „Als Vorsorgeprodukt wird die Kapitallebensversicherung überflüssig“, sagt Peter Sachs von der Bad Homburger SachverständigenSozietät für private Finanzplanung. „Die Versicherungsbranche muss sich etwas Neues einfallen lassen.“ Verbraucherschützer halten ohnehin wenig von dem Vorsorgeprodukt, das Sparplan und Todesfallschutz kombiniert und für das beim Abschluss meist eine hohe Provision fällig wird. Vor allem die Vermittlungsprovision, die an den Vertreter in voller Höhe ausgezahlt wird, zehrt am Gesparten. Kündigt etwa der Kunde in den ersten Jahren nach Vertragsbeginn – das tut immerhin die Hälfte aller Versicherten – erhält er bei einer Kapital bildenden Lebensversicherung schon heute häufig kein Geld zurück.

Für Anbieter und Finanzvertriebe sind die Steuervorteile trotzdem ein Verkaufsargument: Die Versicherungswirtschaft zählt 55 Millionen abgeschlossene Kapitallebensversicherungen. Für die aktuellen Verträge gilt, dass die Gewinn-Beteiligung am Ende der Laufzeit unversteuert kassiert werden kann, wenn der Vertrag mindestens zwölf Jahre gelaufen ist, regelmäßig Beiträge gezahlt wurden und mindestens 60 Prozent der Beitragssumme als Todesfallschutz dienen. Außerdem lassen sich die Beiträge bei der Einkommensteuer geltend machen. Vom Sonderausgabenabzug profitieren aber vor allem Selbstständige, weil Angestellte den steuerlichen Freibetrag meist schon mit ihren Beiträgen zu den Sozialversicherungen ausschöpfen. Auch das Steuerprivileg am Ende der Laufzeit, das als Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Anlageformen verkauft wird, ist oftmals kein echter Vorteil. Wird zum Beispiel ein Aktienfonds aufgelöst, muss nur der Teil der Erträge versteuert werden, der den Sparerfreibetrag übersteigt. Selbst nach Abzug der Steuern erzielen viele Alternativen zur Kapitallebensversicherung eine höhere Rendite.

Hinzu kommt: 2004 sinkt bei Lebensversicherungen der Garantiezins auf das eingezahlte Kapital von 3,25 auf 2,75 Prozent. Da die Versicherer zusätzlich die Überschussbeteiligungen reduziert haben, sei die Kapitallebensversicherung als Vorsorgeprodukt ein Auslaufmodell, meint Peter Schütt von der Verbraucherzentrale. Als Alternative empfiehlt er den Abschluss einer Risikolebensversicherung in Kombination mit einer privaten Rentenversicherung oder einem Investmentfonds-Sparplan.

Ist der Abschluss einer Police also noch ratsam, bevor das Steuerprivileg im Jahr 2005 fällt? „Viele Vertreter werden ihre Kunden jetzt in Kapitallebensversicherungen treiben“, sagt Peter Sachs. Nach 2005 müssten viele Anbieter dann mit einem Nachfrageeinbruch rechnen. Das könne Versicherer, die nach dem Börsencrash ohnehin unter wirtschaftlichem Druck stehen, zusätzlich bedrohen – zu Lasten der Kunden. „Die Verbraucher sollten vorsichtig sein“, empfiehlt der Sachverständige Peter Sachs. mot

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