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Wirtschaft: Die Kriegsdividende für Ölkonzerne fällt aus

Die Aktienkurse fallen trotz höherer Energiepreise – BP trennt sich deshalb von wenig rentablen Ölfeldern

Düsseldorf (tom/HB). „Kein Krieg für Öl“ lautet das Motto der Gegner eines IrakKriegs. Ob nun für Öl oder den Sturz Saddam Husseins: Analysten schätzen, dass die Aktien der großen Ölmultis zumindest kurzfristig auf der Gewinnerseite stehen könnten, wenn es dem irakischen Diktator militärisch an den Kragen gehen sollte – dazu stimuliert das Land mit den zweitgrößten Ölreserven der Welt nach Saudi-Arabien die Fantasie von Unternehmen und Anlegern viel zu sehr.

Doch wie sich die Ölwerte in den kommenden Monaten entwickeln werden, kann kein Analyst präzise voraussagen. Klar sei aber, so Clay Smith von Commerzbank Securities, dass die meisten Ölaktien zurzeit unterbewertet sind. Er rechnet mit einem Faktor von rund acht Prozent für die Papiere von BP, Royal Dutch/Shell Group oder Total Fina Elf und das, obwohl der Ölpreis sich auf einem hohen Niveau eingependelt hat.

„In der Vergangenheit haben auch die Aktien der Unternehmen immer von einem Preisanstieg profitiert“, sagt Dennis Nacken, Analyst bei Helaba Trust. Die im hohen Preis enthaltene Kriegsprämie werde den Multis heute aber nicht mehr zugeschrieben, so Nacken. Langfristig rechnen Experten, aber auch die Unternehmen selbst, eher mit einem Wert, der sich am unteren Ende der von der Opec festgelegten Spanne von 22 bis 28 Dollar pro Barrel (159 Liter) bewegt.

Wenn die Branchengrößen in den kommenden Wochen ihre Zahlen für das vergangene Jahr vorlegen, schauen Analysten und Anleger vor allem auf BP. Beim weltweit zweitgrößten Ölmulti steht ein Strategiewechsel an: BP-Chef Lord John Brown will nach einer Serie von internen Pleiten mit zu hoch angesetzten Produktionszielen seinen enttäuschten Anlegern ein Zeichen geben, denn der Kurs hat in den vergangenen Monaten sehr gelitten. Er ist so niedrig wie seit etwa fünf Jahren nicht mehr und hat sich seit dem Höchststand Ende 2000 bei 666,50 britischen Pence fast halbiert. Ein Zustand, der einer aktuellen Studie von Goldman Sachs zu Folge aber nicht mehr lange anhalten kann. Im Vergleich zum Konkurrenten Exxon Mobil sei BP zu stark unterbewertet, meinen die Investmentbanker.

Was wird sich bei BP ändern? In den letzten Jahren lag der Fokus der großen Öl-Konzerne meist darauf, die Produktionsziele ehrgeizig zu bestimmen und die ohnehin hohe Latte dann zur Freude der Anleger auch noch zu überspringen. BP rückt nun die Kapitaleffizienz in den Mittelpunkt. Dazu hat der Konzern in der vergangenen Woche begonnen, sich von weniger rentablen Feldern in der Nordsee und dem Golf von Mexico zu trennen. Erste Verkäufe brachten dem britischen Konzern gut 1,3 Milliarden Dollar ein.

Wenn BP-Chef Brown am 11. Februar die neuen Ziele für den Konzern vorstellt, wird es nach Ansicht von Unternehmenskennern neben neuen Projekten und der Veräußerung weiterer Anlagen auch um personelle Veränderungen im europäischen Management-Umfeld gehen. Außerdem ist eine Kommission dabei, Kosten und Geschäftsprozesse unter die Lupe zu nehmen.

Analysten schätzen, dass die Konkurrenten wie Shell und Exxon Mobil einen ähnlichen Pfad wie BP einschlagen werden. Auch bei Chevron Texaco sei das denkbar, da der US-Konzern noch augenfälliger als die anderen eine große Anzahl von Anlagen in seinem Portfolio mitschleppe, die insgesamt wenig zum Gewinn beitragen, dafür aber die Produktion hochhalten. Die niederländisch-britische Shell will an der grundsätzlichen Unternehmensstrategie zwar nichts ändern, anlässlich der Präsentation des Jahresergebnis von 2002 am 6. Februar wolle man aber ein „Update“ vorstellen, heißt es beim Unternehmen.

Wenn sich die Großen bei einem hohen Ölpreis von ihren alten und zu teuren Anlagen trennen, springen vor allem kleinere Unternehmen wie zum Beispiel die dänische Paladin Oil ein. Anders als „Big Oil“ können sie wesentlich effizienter den letzten Tropfen Öl aus den alten Feldern „ausquetschen".

Zu den Analysten-Lieblingen zählt zurzeit die Aktie der italienischen Eni. Obwohl sie im Vergleich zur ihren Konkurrenten in den vergangenen Monaten nur wenig verloren hat, sagt Dennis Nacken von Helaba Trust: „Die Aktie ist günstig bewertet und das Unternehmen liefert eine interessante Dividenden-Rendite.“ Die Rendite liegt bei zurzeit etwas mehr als fünf Prozent. Die Italiener haben zudem neben einem starken Standbein im europäischen Gasmarkt einen weiteren Pluspunkt: Sie sind nicht so stark vom anfälligen Raffineriegeschäft abhängig.

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