zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Die Krise erfasst die gesamte Industrie

Dax-Konzernen droht im dritten Quartal mindestens Halbierung der Nettogewinne

Düsseldorf - Daimler gab den Vorgeschmack auf die am heutigen Montag startende Hochphase der Berichtssaison: eine saftige Ertragswarnung für das laufende Jahr und obendrein drastisch herabgesetzte Prognosen für 2009. Nichts anderes erwarten Experten für die meisten anderen Konzerne auch. Nach ohnehin schon herben Gewinneinbrüchen in den ersten beiden Quartalen droht den 30 größten deutschen Konzernen diesmal mindestens eine Halbierung ihrer Nettogewinne gegenüber dem starken Vorjahr.

„Die Krise erreicht die Realwirtschaft und erfasst nahezu alle Branchen“, sagt Michael Köhler von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Zehn der 30 Dax-Konzerne berichten in dieser Woche über das abgelaufene Quartal und äußern sich über die Zukunft.

Einschließlich eines voraussichtlichen außerordentlichen Verlusts des Versicherungskonzerns Allianz – aus der aufgegebenen Dresdner-Bank-Beteiligung – erwarten die Dax-Konzerne einen Rückgang beim Nettogewinn von mehr als 80 Prozent. Dies ergaben Berechnungen der LBBW in Zusammenarbeit mit dem „Handelsblatt“. Bei allen Konzernen zusammen bleiben demnach unter dem Strich nur zwei Milliarden Euro übrig. Entschließt sich der eine oder andere noch zu einer Milliardenabschreibung, dann droht den 30 größten deutschen Unternehmen erstmals seit über fünf Jahren sogar ein Quartalsverlust.

Weil auch die vergangenen drei Monate keine Besserung versprechen, dürften die Gewinne im Gesamtjahr um mindestens ein Drittel gegenüber 2007 einbrechen. Analysten der internationalen Großbanken rechnen nach Daten des Finanzspezialisten Ibes zwar nur mit einem Minus von zwölf Prozent. Doch die Prognosen hinken schon lange der Realität hinterher. Im Januar lagen die Schätzungen für 2008 noch bei einem Plus von zwölf Prozent.

Experten vermuten, dass besonders konjunkturempfindliche Konzerne wie der Stahlkonzern Thyssen-Krupp und der Lkw-Hersteller MAN die Erwartungen für das restliche Jahr und 2009 senken werden. Allein Firmen in den relativ konjunkturresistenten Branchen Pharma und Energie dürften noch ungeschoren davonkommen. Mussten im vergangenen Quartal neben den Banken bereits die Automobilfirmen Daimler und BMW empfindliche Einbußen hinnehmen, so infiziert der Abschwung nun das gesamte verarbeitende Gewerbe, den Handel sowie den Technologiesektor.

Exemplarisch dafür ist Europas Softwarekonzern SAP. Noch im Sommer spekulierten die Finanzmärkte, dass SAP seine Prognose anheben könnte. Doch wenig später sprach Vorstandssprecher Léo Apotheker von einer unvorhersehbaren und „nie da gewesenen Entwicklung“. Weil viele Kunden Investitionen auf Eis gelegt hätten, warnte SAP vor niedrigeren Erträgen. Die Walldorfer treten nun ihrerseits auf die Kostenbremse und schließen nach jahrelangem Stellenaufbau einen Personalabbau nicht aus. Am Dienstag präsentiert SAP seine Bilanz.

Grund für den plötzlichen dramatischen Einbruch ist die globale Ausrichtung fast aller Dax-Konzerne. Genauso wie diese jahrelang vom investitionsgetriebenen Weltwirtschaftsboom profitierten und ihre Wettbewerber in Rest-Europa in den Schatten stellten, leiden die exportorientierten Konzerne jetzt unter der wegbrechenden Nachfrage aus den USA, den Schwellenländern und vor allem Osteuropa.Ulf Sommer (HB)

Ulf Sommer (HB)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false