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Wirtschaft: „Die Kunden wollen kein teures Filialnetz“

Diba-Chef Ben Tellings über die Chancen der Direktbanken und die Zukunft des deutschen Bankenmarkts

Herr Tellings, Sie sind jetzt seit knapp drei Wochen im Amt. Zählen Sie noch jeden Tag die Kunden der Diba?

Ja, wir gewinnen derzeit pro Arbeitstag etwa 2000 neue Kunden. Zuletzt war es wegen der Ferienzeit etwas ruhiger. Wir hatten Zeiten, da hat die Diba pro Arbeitstag 3000 bis 3500 Kunden gewonnen

Und wie viele verlieren Sie?

Etwa 3,5 Prozent. Üblicherweise wechseln rund fünf Prozent der Kunden ihre Bank.

Die Diba hat rund 3,7 Millionen Privatkunden und liegt damit unter den deutschen Großbanken auf Platz sechs, knapp hinter der Commerzbank. Wann werden sie die eingeholt haben?

Ende des Jahres. Dann sollten wir mehr als 3,9 Millionen Privatkunden haben.

Und wann werden Sie die Nummer eins?

Wir wollen so weit wachsen, wie es der Markt zulässt, und ich denke, dass wir da noch unendliche Möglichkeiten haben. Fünf oder sechs Millionen Kunden ist nicht zu hoch gegriffen.

Wie geht das?

Wir haben ein interessantes Angebot für die Kunden. Das gilt nicht zuletzt für unser PreisLeistungs-Verhältnis. Wir zeigen dem Kunden, dass es vorteilhaft ist, eine Direktbank-Verbindung zu haben. Das machen wir mit einem intelligenten Marketing. Wir haben sehr umfangreiche und genaue Daten über unsere Kunden, die wir für die gezielte Ansprache benutzen können.

Und was sagen Sie dem Kunden?

Wir helfen ihm, die richtigen Fragen zu stellen. Etwa die Frage, warum brauche ich eigentlich eine Filiale? Die Kunden werden kritischer und eine immer größere Gruppe erkennt, dass sie ein teures Filialnetz mitfinanziert. In dem Moment, in dem die Leute eine Alternative sehen, wechseln sie.

Was machen die anderen Banken falsch?

Die machen nicht so viel falsch, aber das System ist widersprüchlich. Ein Kunde, der in eine Filiale kommt, will Beratung. Die Bankmitarbeiter in der Filiale aber wollen etwas verkaufen. Sie können eine Filialbank doch nur erfolgreich führen, wenn sie in ihren Fi lialen etwas verkaufen. Das Ergebnis: Sie bekommen unzufriedene Kunden.

Wird es also in Zukunft keine Filialbanken mehr geben?

Es wird schon noch Filialbanken geben, aber immer weniger. Das ist wie mit den Telefonzellen im Handy-Zeitalter.

Nun wird immer wieder vermutet, dass Sie auch deshalb so stark wachsen, weil Sie Ihr Vorzeigeprodukt, das Extra-Konto, quersubventionieren.

Das sind Gerüchte, die gestreut werden, und die die Konkurrenz ganz gerne hört. Aber wir verdienen mit dem Extra-Konto richtig Geld. Wir arbeiten fünf- bis sechsmal billiger als eine traditionelle Filialbank. Wir können die angelegten Gelder sehr genau wieder ausleihen, denn wir kennen das Kundenverhalten sehr gut. Die Erlöse aus diesem Konto machen bestimmt mehr als 50 Prozent der gesamten Gewinne der Diba aus.

Wie hoch werden die im laufenden Jahr sein?

Im vergangenen Jahr haben wir einen Gewinn von 21,8 Millionen Euro ausgewiesen. Im laufenden Jahr peile ich mindestens 30 Millionen Euro an.

Es ist also ganz einfach, im Geschäft mit dem privaten Bankkunden Geld zu verdienen?

Es ist ganz einfach, aber damit ich nicht falsch verstanden werde: Für uns ist es einfach. Einfach heißt nicht, dass es jeder kann, oder dass es ohne ein Konzept geht. Unter einfach verstehe ich, dass es unkompliziert sein muss. Das Angebot muss sehr übersichtlich sein, es muss für den Kunden einfach zu verstehen sein. Und die Organisation der Bank muss einfach sein.

Was verstehen Sie denn unter einem übersichtlichen Angebot?

Der Kunde braucht vielleicht fünf Produkte. Ein Gehaltskonto, ein Sparkonto, eventuell eine Baufinanzierung, Versicherungen und manchmal ein Depot. All die anderen komplizierten Produkte, mit denen die Banken so viel Geld verdienen, sind doch für die meisten Kunden nutzlos.

Wenn die Diba mit einem so einfachen Konzept so großen Erfolg hat, müssten sie dann nicht bald starke Konkurrenten bekommen?

Willkommen ist jeder, der mit einem guten Produkt kommt. Ein oder zwei gute Wettbewerber können dazu beitragen, dass die Direktbanken insgesamt Marktanteile gewinnen. Wir gehen davon aus, dass die Direktbanken in Deutschland einen Marktanteil von 25 Prozent erreichen können, derzeit sind es nur knapp fünf Prozent.

Und was machen sie mit ihrem Direktbroker Entrium?

Wir bekommen durch die Übernahme viel Know-how im Konsumentenkreditgeschäft. Die Beratungscenter von Entrium werden wir allerdings schließen.

Sie sind gebürtiger Niederländer, haben Direktbanken in Frankreich und in Spanien aufgebaut. Gibt es den typischen deutschen Bankkunden?

Die Südeuropäer sind etwas impulsiver, die Deutschen reagieren abwartender – zum Beispiel auf unsere Werbeaktionen. Bei den Deutschen wird Sicherheit sehr groß geschrieben. Wir bekommen viele Anrufe, ob die Spareinlagen bei uns sicher sind, weil wir zum holländischen ING-Konzern gehören.

Und, sind sie sicher?

Wir gehören dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken an. Die Einlagen sind bis zu einem Betrag von 99,6 Millionen Euro pro Kunde gesichert.

Das Gespräch führte Daniel Rhée-Piening

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