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Wirtschaft: Die Mannschaft steht

Mit der Bahn ist der letzte WM-Sponsor gefunden – doch nicht alle, die dabei sein wollten, durften auch mitmachen

Berlin - Die Sache mit den Balljungen ist geklärt. Wenn die Fußballspieler in die Stadien der WM 2006 einlaufen, werden sie von den „Player Escort Kids“ begleitet. 22 Kinder in gelben T-Shirts und roten Hosen. Es wird kein Firmenlogo auf den Hemden zu sehen sein, und doch wird jeder Fan wissen, wer gemeint ist – McDonalds. Ein Sponsor der Weltmeisterschaft.

Die „Offiziellen Partner“ des Fußball- Weltverbandes Fifa zahlen 45 Millionen Euro, um in ihrer Branche exklusiv vertreten zu sein. Sie erhalten Werbebanden, nutzen das WM-Logo, sie bekommen Tickets, die sie verlosen können. Unternehmen, die nicht dabei sind, lästern schon mal, „dass sich das nicht lohnt“. Doch im komplizierten Beziehungsgeflecht zwischen Fußball und Finanzen haben sich die Sponsoren mehr Deals zusichern lassen als zunächst erkennbar. Die 22 Ballkinder sind wichtig für die Medienpräsenz von McDonalds. „Die können wochenlang eine Kampagne fahren: Klinsmanns Balljungen gesucht!“, sagt ein Insider.

Die Organisatoren profitieren davon, dass sie aus jeder Branche ein Unternehmen zugelassen haben. Anschaffungskosten für Telefone, Drucker oder Dienstwagen fallen weg. Der Strom für das Organisationskomitee (OK) kommt von EnBW, die Versicherungen werden über die Hamburg-Mannheimer abgewickelt, der Zahlungsverkehr läuft über die Postbank, die Logistik rund um die WM übernimmt die Bahn. Sie ist seit dieser Woche nationaler Sponsor. Damit ist der Pool der WM-Partner eineinhalb Jahre vor dem Anpfiff komplett. „Das gab es noch nie“, freut sich Organisationschef Franz Beckenbauer.

Dass über nationale Sponsoren auch öffentliches Geld in die WM gepumpt wird – die Bahn und die Sportwette Oddset sind staatlich, an anderen Partnern ist die öffentliche Hand beteiligt –, hören die Organisatoren nicht gern. „Diese Unternehmen befinden sich im Wettbewerb wie andere auch“, sagt OK-Vize Wolfgang Niersbach. Mit der Bahn wurde zwei Jahre lang verhandelt, auch weil Konzernchef Hartmut Mehdorn die Hälfte der Sponsorsumme von 12,9 Millionen Euro mit Sachleistungen auszugleichen suchte, etwa mit Netzkarten für Journalisten. Oddset zahlte nach Informationen aus Funktionärskreisen ebenfalls nicht den vollen Preis. „Wir werden dafür die freiwilligen Helfer der WM einkleiden“, sagt Erwin Horak, Chef der Bayerischen Lottoverwaltung. Oddset will mit Hilfe der WM auch die private Konkurrenz aus dem Fußball-Wettgeschäft drängen.

Die Regierung erhofft sich kurz vor der Bundestagswahl 2006 einen wirtschaftlichen Aufschwung. „Wir müssen aus dem Jammertal herauskommen“, sagt Wirtschaftsminister Wolfgang Clement. Wegen des Turniers rechnet er mit einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um acht Milliarden Euro. Manch deutsches Unternehmen wird daran allerdings nicht teilhaben. Einige kamen zu spät, wie die Lufthansa, andere kamen nicht zum Zug, weil Fifa-Partner ihr Marktsegment schon besetzt hatten. So darf die CMA nicht mit Milch werben, da Coca- Cola für alle Softdrinks zuständig ist. Und Aral musste draußen bleiben, weil es an Tankstellen Snacks verkauft – das hatte McDonalds gestört.

Solche Dinge bringen die Organisatoren in Erklärungsnot. „Normale Menschen, die die Hintergründe nicht kennen, fragen sich: Sind wir noch in Deutschland hier?“, räumt Beckenbauer ein. Die Fifa-Partner stört das nicht. Sie kalkulieren global, und zwar mit Wachstum. Philips baut darauf, dass sich vor einer WM neun Prozent mehr Fernsehgeräte verkaufen als sonst. Die Spiele 2006 werden im 16:9-Bildformat ausgestrahlt – darauf richtet Philips schon jetzt seine Produktion und Werbung aus.

Nicht alle Aufträge der Fifa werden ausgeschrieben. Wiederholt war Kritik aus der Autobranche zu hören, dass einer der Vizepräsidenten der Fifa ein Bruder des Hyundai-Konzernchefs sei. In das Netz hineinzustoßen, ist schwer, sagen viele Marketingchefs der Sponsoren: „Das Geld musst du einfach aufbringen.“ Wer einmal draußen ist, kommt so schnell nicht mehr in den Kreis. Die Sponsoren haben eine Option, den Vertrag zu verlängern. Deshalb hat Pepsi seit Jahrzehnten keine Chance, Coca-Cola zu verdrängen. Pepsi kann den Konkurrenten nur ärgern, und das ist in diesen Tagen auch gelungen. In der Bahn, dem offiziellen Transportmittel der WM, wird künftig Pepsi ausgeschenkt. „Embush Marketing“ nennen das Experten. Den Eindruck erwecken, man gehöre dazu.

Deshalb hat sich auch Philips beschwert, dass auf der Fifa-Magistrale in Berlin, der Ost-West–Achse vom Brandenburger Tor bis zum Olympiastadion, während der WM ein Plakat von Samsung hängt. Der Senat musste eingestehen, „dass da jemand gepennt hat“.

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