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Wirtschaft: Die Nachfrage steigt – Öl bleibt teuer

Opec hebt ihre Verbrauchsprognose für 2004 an/Experten: Kartell gibt offizielles Preislimit auf

Berlin (hop). Der Bedarf der Weltwirtschaft an Erdöl ist höher als bisher von den meisten Experten erwartet. Die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) hat am Freitag in ihrem jüngsten Monatsbericht die Verbrauchsprognose für 2004 angehoben. Ein schneller Preisverfall in den nächsten Monaten ist damit nicht zu erwarten. Nach Berechnungen der Opec war das Öl der Organisation im vergangenen März mit durchschnittlich 32 Dollar je Barrel (159 Liter) so teuer wie seit Oktober 1990 nicht mehr. Auf die deutschen Tankstellenpreise schlägt das allerdings wegen des relativ starken Euro noch nicht voll durch.

Die Opec erwartet nun für das laufende Jahr einen Anstieg des durchschnittlichen weltweiten Rohölbedarfs um zwei Prozent auf 80,05 Millionen Barrel pro Tag. Das sind 300000 Barrel mehr als bislang prognostiziert. Als Grund nennt das Kartell die anziehende Weltkonjunktur. Vor allem das rasante Wirtschaftswachstum in China hat zu starken Steigerungen auf den Rohstoffmärkten geführt. Bereits zum vergangenen Wochenende hatte die Internationale Energieagentur (IEA) ihre Prognose ähnlich stark angehoben. Unter den hohen Preisen leidet mittlerweile die Wirtschaft. Der Verband Kunstofferzeugende Industrie (VKE) klagte am Freitag, die Preissteigerungen seien kaum an die Kunden weiterzugeben.

„Von den meisten wurde die wachsende Nachfrage nach Öl durch die weltweite Wirtschaftserholung bisher deutlich unterschätzt“, kritisierte Leo Drollas, der stellvertretende Direktor des internationalen Forschungsinstituts Centre for Global Energy Studies (CGES) in London. Dass die Ölproduktion im Irak inzwischen wieder angelaufen ist, habe sich kaum auf die Preise ausgewirkt. Auch wenn die Organisation Erdöl exportierender Länder immer wieder behaupte, es gebe genug Öl auf dem Markt, sehe die Realität anders aus. Drollas sagte dem Tagesspiegel: „Wir sind davon überzeugt, dass der Markt tatsächlich sehr eng ist.“ Vor allem die niedrigen Vorräte in den USA seien beunruhigend, sagte der CGES-Experte. Zwar seien die Rohölreserven der dortigen Raffinerien zurzeit höher als noch im vergangenen Jahr, aber sie würden für lediglich 18,5 Tage reichen, sollte der Nachschub ausbleiben, sagte Drollas. Besser sehe es in Europa aus, aber die Probleme in den USA wirkten sich auch hier aus.

Trotzdem hält die Opec offiziell an der deutlichen Kürzung ihrer Förderung, die seit dem 1. April gilt, fest. Die Opec strebt eigentlich eine Preisspanne von 22 bis 28 Dollar je Barrel an. „Dieses Preisband ist offiziell noch nicht tot, aber de facto“, sagte Drollas. Das Ölkartell habe sehr geschickt Spekulanten an den Terminmärkten für die hohen Preise verantwortlich gemacht. „Und die Menschen haben nur auf diese Propaganda gehört“, sagte Drollas. Tatsächlich habe die Organisation nicht so viel geliefert, wie nachgefragt wurde. Es gebe für das Kartell auch keinen Grund, die Preise deutlich zu senken. Vor allem Saudi-Arabien brauche das zusätzliche Geld aus den hohen Preisen. Die sozialen Spannungen in dem Land seien angesichts einer hohen Arbeitslosenquote stark. „Deshalb wird auch der Druck, den die USA zuletzt auf die Saudis ausübten, nichts nützen.“

In den nächsten Monaten dürfte der Ölpreis daher nur leicht auf etwa 30 Dollar je Barrel sinken, schätzt Drollas, weil im Frühjahr jedes Jahr der weltweite Ölverbrauch zurückgeht. Auf längere Sicht ist Drollas zuversichtlich, dass Öl aber wieder billiger werde. „Die Opec wird irgendwann die strenge Disziplin bei ihren Mitgliedern nicht mehr aufrechterhalten können, und dann fallen die Preise“, sagte Drollas.

Schon jetzt ist die Förderdisziplin wegen der hohen Preise geschwächt. Die Opec selber schreibt in ihrem Monatsbericht, dass die Märzproduktion bei 28,3 Millionen Barrel pro Tag lag – und damit deutlich höher als offiziell erlaubt. Außerdem baut vor allem Russland seine Ölproduktion stark aus. BP plant zum Beispiel in seinem dortigen Joint-Venture für 2004 eine Produktionssteigerung von zwölf Prozent.

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