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Wirtschaft: Die Party nach dem Crash

Die Technologie-Branche sucht Wege aus der Flaute

CEBIT 2003 – WIE UNTERNEHMEN ERFOLGREICH DER HIGHTECH-KRISE TROTZEN

Die Computermesse Cebit vor drei Jahren: Hightech-Manager mieteten Standfläche zu Quadratmeterpreisen, wie sie nicht einmal auf dem Münchner Viktualienmarkt am Faschingsdienstag bezahlt werden. Sie orderten Häppchen und Softdrinks, die in den Nobelhotels von Tokio bis New York nicht teurer bezahlt werden konnten. Und sie waren stolz. Weil sie ihren Besuchern etwas bieten konnten – einen Gameboy als Werbegeschenk zum Beispiel.

Dagegen die Cebit 2003: Ein Bild des Jammers. Wer will, bekommt jede Menge Platz, Brötchen und Drinks. Zu reellen Preisen natürlich. Nur, dass niemand mehr so richtig will. Die Cebit-Gastronomen richten sich auf das Sparprogramm ein. Mit rund 6500 Ausstellern präsentieren sich in diesem Jahr zehn Prozent weniger Firmen auf der weltweit größten Technologie-Messe. Es sind vor allem die kleinen IT-Firmen, die sich einen Messeauftritt nicht mehr leisten können, sagt Cebit-Chef Jörg Schomburg. Besserung ist nicht in Sicht. „Eine schwarze Null wäre schon eine Leistung“, sagt Menno Harms, Vizepräsident des Branchenverbandes Bitkom, zu seinen Erwartungen für das Umsatzwachstum im laufenden Jahr.

Miese Stimmung überall? Nein. Ein paar Firmen stemmen sich gegen die Depression. Sie haben bestellt: Ausstellungsfläche, Häppchen, Geschenke. Die ausschweifenden Messepartys finden auch in diesem Jahr statt. Die Party derjenigen, die das Feiern noch nicht verlernt haben und der Krise erfolgreich trotzen. Wie der Internetdienstleister United Internet. Er baut aus: Umsätze, Unternehmensrepräsentanzen, und seinen Messestand auf der Cebit. „Unser Geschäftsmodell funktioniert, wir verdienen damit Geld“, sagt Firmengründer Ralph Dommermuth. Ganz gelassen, so als sei das eine Selbstverständlichkeit in der IT-Welt nach dem Crash. Die Nachfrage nach schnellen Internetzugängen, Speicher für Webseiten oder professionellen E-Mail-Anwendungen sei im vergangenen Jahr explodiert. Geld verdienen statt Geld verbrennen – das muss man in diesen Zeiten erst mal schaffen.

Sogar einige neue Trends sind auf der Cebit zu bestaunen. Wireless-LAN zum Beispiel. Eine neue Funkttechnik, die kabelloses Surfen im Internet noch vor Einführung von UMTS im zweiten Halbjahr verspricht. Die Gewinner sind ein paar von den Kleinen und ein paar von den ganz Großen. Die Nische und die Masse – das bestimmt das Geschäft in der Wirtschaftsflaute: „Vor allem die Großunternehmen gehen gestärkt aus der Krise hervor“, sagt Luis Praxmarer, Chef des Marktforschungsinstituts Metagroup. Firmen wie IBM, SAP oder Microsoft hätten im vergangenen Jahr ihre Marktanteile ausbauen können. Der Grund: „Nach der Pleite zahlreicher Internetfirmen und kleiner Technologiefirmen vertrauen die Kunden eher den großen Anbietern.“

Demonstrativ haben die drei Großen der Branche auf der Cebit dieselbe Messefläche gebucht wie in den Zeiten des Booms. Im Boom zuverlässig, in der Krise verlässlich – das ist die Botschaft, die sie in diesem Jahr unters Hightech-Volk bringen wollen.

Maurice Shahd

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