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Wirtschaft: "Die Regierung sollte das Sparpaket verschieben". Sparen kann der Staat frühestens in ein oder zwei Jahren, meint DIW-Haushaltsexperte Vesper

Seit 1960 sind die Staatsausgaben in Deutschland kontinuierlich gestiegen. Geht das auf Kosten des Wirtschaftswachstums?

Seit 1960 sind die Staatsausgaben in Deutschland kontinuierlich gestiegen. Geht das auf Kosten des Wirtschaftswachstums?

Das kann man so pauschal nicht sagen. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn möglichst viele Aufgaben auf den privaten Sektor verlagert würden. Aber es gibt auch Situationen, in denen staatliches Handeln wachstumsfördernd ist, zum Beispiel beim Ausbau des Bildungssystems.

Ist der Staat derzeit gefordert?

Ja. Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ist noch nicht stabil genug. Es kommt auch auf die Politik an, dass der Aufschwung nicht wieder frühzeitig erlahmt. Der Staat darf auf konjunkturelle Einnahmeausfälle nicht mit ständigen Ausgabekürzungen reagieren.

Halten Sie das 30-Milliarden-Mark-Sparpaket des Bundesfinanzministers für falsch?

Nein, im Grundsatz ist das eine vernünftige Maßnahme, aber der Zeitpunkt ist falsch. Die Konjunktur ist für einen solchen Sparkurs noch nicht robust genug.

Wann ist der richtige Moment gekommen, um zu sparen?

Wenn wir einen selbsttragenden Aufschwung haben. Wir brauchen ein ungestörtes Wachstum über zwei oder drei Jahre, dann ist eine Konsolidierung möglich. Wenn sich der konjunkturelle Aufschwung über mehrere Jahre verfestigt, sinkt das Staatsdefizit automatisch, und der Staat kann sogar Überschüsse erwirtschaften. Allerdings dürfen die finanzpolitischen Entscheidungsträger diese konjunkturell bedingten Einnahmen nicht ausgeben. Volle Kassen machen sinnlich.

Von vollen Kassen sind wir derzeit weit entfernt. Können wir angesichts der immensen Staatsschulden eine Konsolidierung auf die lange Bank schieben?

Wir stehen gar nicht so schlecht da. In Deutschland beträgt die Staatsverschuldung 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, und die Defizitquote, also die Neuverschuldung, liegt bei 1,3 Prozent. Das heißt die Stabilitätskriterien des Maastricht-Vertrags werden erfüllt. Das Stabilitätsprogramm für die EU-Kommission fordert die Finanzpolitiker aber zu einer permanent restriktiven Linie auf - derzeit brauchen wir jedoch expansive Impulse.

Was sollte die Regierung Schröder stattdessen tun?

Das Sparpaket um mindestens ein Jahr verschieben, bis die Konjunktur robuster ist. Außerdem sollte die Regierung die für 2002 geplanten Steuererleichterungen vorziehen. Vor allem die weitere Senkung der Einkommensteuertarife sollte so bald wie möglich in Kraft treten - zum 1. Juli 2000.

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