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Hoch hinaus. Mit Leidenschaft und Einsatz können Gründer es schaffen, ihre Idee zu verwirklichen. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa

Wirtschaft: Die Überflieger

Eine junge Firma will mit Elektro-Mountainbikes eine attraktive Nische erobern. Kontakt zu Topmanagern ist gefragt. Gründerwettbewerbe helfen dabei.

Es kommt oft anders als geplant. Wer weiß das besser als ambitionierte Gründer? Jungunternehmer Marcus Schlüter etwa wollte mit seinen Mitgründern eigentlich in diesem Jahr ein Mountainbike mit Elektroantrieb auf den Markt bringen.

Wollte. Denn weil das Tretlagergetriebe in den Tests der hohen Belastung nicht so lange standhält wie erhofft, drehen die Entwickler jetzt notgedrungen eine Ehrenrunde. Das Rad kommt erst Monate später. Am Konzept aber rütteln sie nicht: Akku und Antrieb sind noch immer kaum sichtbar im Rahmen des Rads untergebracht, mit wenigen Handgriffen wird aus dem E-Bike ein ganz normales Rad für die Berge. Und auch beim Plan, mit dem 5000 bis 5500 Euro teuren Gefährt in einen Nischenmarkt zu gehen, bleiben die Gründer von Evation Bike.

Das waren zwei der Ratschläge, die erfahrene Unternehmenslenker und Manager Schlüter und seinem Mitgründer, dem Tüftler Johannes Biechele, im Herbst vergangenen Jahres gaben – an einem Wochenende, das es so in Deutschland kein zweites Mal gibt.

Wirtschaftsgrößen wie Burkhard Schwenker, Aufsichtsratsvorsitzender der Unternehmensberatung Roland Berger, der frühere Bosch-Chef Franz Fehrenbach oder Ex-BASF-Vorstandsvorsitzender Jürgen Hambrecht nehmen sich einmal im Jahr Zeit, um den Gewinnern des Gründerpreises Weconomy Hilfe und Rat zu geben und mit ihren Kontakten die ein oder andere Tür zu öffnen.

Schlüter und Biechele gehörten bereits im vergangenen Jahr zu den zehn Auserwählten. Nun suchen die Wettbewerbsveranstalter – darunter das Unternehmensnetzwerk Wissensfabrik und das Handelsblatt – wieder Gründer mit pfiffigen Geschäftsideen, die Bewerbungsphase für den diesjährigen Preis läuft jetzt. Neben den Neu-Erfindern des Rades überzeugten im vergangenen Jahr Teams, die Computer oder Fernseher mit Gesten steuern, auf Jalousien Botschaften zum Leuchten bringen, mit Minicomputern etwa in der Heizung Daten messen und kabellos übertragen können oder deren Software Onlineumfragen mit wenigen Mausklicks erstellt.

„Das ist ein toller Mix an Geschäftsideen“, sagt Jurymitglied Peter Kirschbauer, Vorstandschef des IT-Spezialisten Inter-Component-Ware. Worauf es den Juroren bei ihrer Auswahl ankommt? „Wir haben Wert darauf gelegt, dass die Gründer Leidenschaft und Einsatz zeigen und in der Lage sind, ihre Ideen auch verständlich zu kommunizieren“, sagt Kirschbauer. Wer sich für den Wettbewerb bewirbt, sollte außerdem eine konkrete Vorstellung von Businessplan, Zielgruppen und möglichen Umsätzen haben und das Alleinstellungsmerkmal seines Produkts kennen. Es könnten, müssten aber keine kompletten Neuerfindungen sein.

Das ist das E-Bike der Evation-Gründer ja auch nicht. Fahrräder mit Elektroantrieb gibt es schon, inzwischen auch erste Mountainbikes mit eingebautem Rückenwind. Daher war es enorm wichtig und zugleich schwierig, die Zielgruppe zu bestimmen.

Massenmarkt oder klein aber fein in einer hochpreisigen Nische? Selbst bauen oder bauen lassen? Das waren Fragen, die die Evation-Gründer umtrieben, und die sie im Herbst den Topmanagern stellten.

Deren Urteil: Auf dem Massenmarkt würden es die Jungunternehmer eher schwer haben. Doch das war längst nicht alles: Topmanager Fehrenbach hat ihnen ein Telefonat mit einem Verantwortlichen des E-Bike-Segments von Bosch ermöglicht, mit dem sich die Gründer austauschen konnten. Mindestens genauso wichtig ist der Kontakt zu den anderen Gewinnern – die sich auch mal gegenseitig helfen. Mit dem Team von Lama-Poll und deren einfacher Umfrage-Software etwa, ebenfalls Gewinner aus dem vergangenen Jahr, findet Schlüter gerade heraus, wie seine möglichen Kunden so ticken.

Die, glaubt er, wollen ein Mountainbike, das vom Design her überzeugt und bei dem der Zusatzantrieb nicht auffällt. „Das Fahrrad ist ein bisschen zum Statussymbol geworden“, sagt er. An Selbstbewusstsein und Überzeugung mangelt es nicht. „Wir wollen Qualitäts- und Technologieführer werden“, erklärt Schlüter.

Dafür aber braucht Evation noch einmal Geld. Und das ist gerade schwer zu bekommen, die Finanzierung ist bei etlichen Weconomy-Gewinnern – wie bei vielen anderen Start-ups auch – eines der wichtigsten Themen. „Dabei spüren wir, dass wir einen Nischenmarkt bedienen“, sagt Schlüter.

Dieses Problem hat Philipp Spangenberg erst einmal gelöst, die letzte Finanzierungsrunde aus dem Jahr 2011 brachte Stabilität. Vier Jahre zuvor gewann der Gründer von Baimos – damals noch mit seinem Firmenpartner Markus Wetzel, der sich vor kurzem aus dem Operativen zurückgezogen hat – den Weconomy-Preis. Sie haben einen digitalen Schlüssel entwickelt, dank dem Nutzer mit ihrem Smartphone heute Autos öffnen oder ihre Heizung in der Wohnung von unterwegs steuern können.

Dass Pläne freilich nicht immer aufgehen, hat auch er erlebt. „Der Markt hat sich nicht so entwickelt wie gedacht“, sagt Spangenberg, dessen Firma noch ein ganzes Stück von der Gewinnschwelle entfernt ist. Von der Idee, die Software im Produkt zu vermarkten, hat er sich mittlerweile verabschiedet, heute steht das Lizenzgeschäft im Vordergrund.

Rat findet Spangenberg noch heute bei Menschen, die er bei Weconomy kennengelernt hat. „Das Netzwerk zu den anderen Gründern ist extrem wertvoll“, bemerkt er. Einmal im Jahr, zum Gewinner-Wochenende, sind auch die Ehemaligen eingeladen. Für die meisten ist der Termin ein Muss. Wenn alles wie geplant läuft, kommt auch einer der Evation-Gründer. Wenn nicht, dann vielleicht sogar beide. HB

Stefanie Hergert

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